Unsere Plattform

Hier treffen sich Mitglieder und BesucherInnen “digital“.

Hier melden sich unsere beratenden und beschließenden Mitglieder zu Wort. Dazwischen gibt es Neues aus dem Vorstand.Die  Beiträge können aktuell oder zeitlos sein. Sie können und sollen aus allen Bereichen kommen, für die und die für universelle Kompetenz erforderlich ist und sind; also: befreites Denken und überlegtes Handeln, privates Tun und staatliches Lassen, freie Kunst und gezielte Technik, praktische Ökonomologie und politische Philosophie – und was alles noch zur „Gesamtheitlichkeit“ dazugehört.

Die in den  Zuschriften bezogenen „Positionen“ können kurz, mittel oder mittellang sein, sie können kritisch und kontrovers, sollen konstruktiv und kenntnisreich sein. Sie dürfen bedeutungsvoll ernst daher kommen, aber auch zum Schmunzeln anregen. Sie sollen in verständlicher Sprache und in gutem Ton verfasst sein. Wer mit anderen ins Gespräch kommen will, sollte der gemeinsamen Sprache mächtig sein. Bilder wecken Interesse, wichtige Aussagen werden geschrieben.

Die Beiträge, die auf unserer Plattform gelesen werden können, sind Meinungen der Mitglieder des Kuratoriums. Tippfehler und innovativ gesetzte Satzzeichen werden verständnisvoll redigiert, alle „Positionen“, auch solche, die vom Mainstream abweichen, gehen so hinaus, wie sie herein kommen. Wer das Tippen verlernt hat, diktiert in sein Phone. Wer das KorrekturProgramm nicht ausschaltet, „haftet“ für dessen Kreativität.

Aufruf an alle Mitglieder: Beziehen Sie Position!

Bitte an alle BesucherInnen: Schreiben Sie Kommentare!

Die „weibliche“ Gruppe: Entkommen unmöglich?

von Rosa zur Mühlen

2.2.2025 – Gruppen gibt es viele, die kleinste ist man selbst mit seinem inneren Schweinehund.

Und mit dem hat man bekanntlich wie betrüblicherweise regelmäßig und viel zu tun. Die nächst größere Gruppe ist ein Paar, dann kommt die Dreiecksbeziehung –   und so geht es immer weiter, bis man bei einer ganz großen Gruppe angelangt ist, die viele „die Gesellschaft“ nennen.

Jede Gruppe für sich hat ihre eigenen Regeln und ihre eigenen Konflikte , und je größer die Gruppe, desto größer sind in der Regel die Konflikte. Die kann man austragen oder bewältigen, indem man sie ignoriert und sich auf Konflikte außerhalb der Gruppe konzentriert. Das lenkt ab und stärkt den Zusammenhalt.

Die schlimmste Gruppe, die es im zwischenmenschlichen Bereich gibt, ist die weiblichen Geschlechts. Die ausschließlich weiblichen Mitglieder der weiblichen Gruppe haben in der Regel Probleme miteinander, die durch viele Faktoren begründet und bestimmt sind,.

zum Beispiel die Schönheit, die Jugend, der modische Stil, das Management des Haushalts, das Management des gesunden Kochens mit allen möglichen Varianten von Paleo über Air Fryer und Thermomix.

Das sind alles Probleme, die in auch in kleinen Gruppen vorhanden sind, in Gruppen, die nicht offiziell organisiert sind. Die organisierten. weiblichen Gruppen wie zum Beispiel Sportvereine, Kunstvereine oder Sozialhilfevereine haben wieder ihre eigenen Probleme, in denen  alle die oben angesprochenen Faktoren nicht  berücksichtigt sind. Sie sind aber eben doch vorhanden und führen zur Abschottung einzelner Mitglieder innerhalb der Gruppe, wobei es gar nicht bewusst wird, dass diese Kriterien die Ursachen dafür sind – oder sein können.

Da bleibt nur eins: man „anonymisiert“ sich,.man zieht sich zurück.

Zum Beispiel könnte man in die Sauna gehen, aber da ist man im wesentlichen zwar mehr oder weniger nackt, aber auch nicht allein. Was bietet sich sonst noch an? Die kommende Karnevalssaison. Da kann man sich verkleiden wie man möchte. Es ist ja psychologisch auch ganz interessant, wie man sich verkleidet. Das lässt tief blicken.

Tragisch ist es nur, wenn man eine Anführerin ist und die Anhänger alles nachmachen, was man selber macht. Dann hat man die Gruppe plötzlich wieder am Hals und die gleichen Konflikte beginnen von vorne. Und niemand weiß genau, warum!

Der lange Weg in die EU: Anpassung unterschiedlicher Kulturen

von Peter Hackl

18.11.2024 – Wer sich der Europäischen Union als vollberechtigtes Mitglied anschließen will, der muss sich auch in die Kultur der Union integrieren. Wer, wie immer noch, wie viel zu viele, Kultur nur auf Kunst bezieht, springt zu kurz. Der EU-Vertrag sieht vor, dass jeder europäische Staat die Mitgliedschaft in der Europäischen Union beantragen kann, wenn er die demokratischen Werte der EU achtet und sich zu ihrer Förderung verpflichtet. Die Mitgliedschaft eines Landes in der EU ist jedoch an Bedingungen geknüpft, und ein umfangreiches Aufnahmeverfahren stellt sicher, dass ein beitrittswilliger Staat diese Bedingungen erfüllt.

Ein wesentliches Element dieser Bedingungen sind die zu erfüllenden Standards hinsichtlich der zu liefernden Statistiken. Welche Statistiken das sind und warum sie wichtig sind, behandelt dieser Beitrag auf der KUKw3-PlatttForm.

Um einen wesentlichen Teil der Antwort vorwegzunehmen: Die EU verlangt eine erhebliche Menge an Statistiken, in der Regel deutlich mehr, als die Beitrittswerber zu liefern in der Lage sind.

Im Folgenden gibt der Autor Peter Hackl, international hoch geachteter StatistikExperte aus Österreich, der Albaniens Weg in die EU offiziell berät, einen Überblick über den Ablauf des Beitrittsprozesses und beschreibt anschließend die Rolle der Statistik für das Funktionieren der EU.

Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union setzt die Übernahme der Ziele der politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion voraus; zentrales Element ist der „Acquis communautaire“ der EU, die Gesamtheit der gemeinsamen Rechte und Pflichten, die für alle EU-Mitgliedstaaten verbindlich sind.

Wenn sich ein Land um die Mitgliedschaft in der EU bewirbt, wird geprüft, ob es die politischen, wirtschaftlichen und die so genannten Kopenhagener Kriterien erfüllt. Die Beitrittswerber haben in der Regel einen erheblichen Anpassungsbedarf ihres nationalen Rechtsbestandes an den Acquis communautaire. Der Beitrittsprozess begleitet diese Angleichung und ist abgeschlossen, wenn die zuständigen Organe, die EU-Kommission, der Europäische Rat und das Europäische Parlament, feststellen, dass der Beitrittswerber die Bedingungen für die Mitgliedschaft erfüllt.

Der EU-Beitrittsprozess gliedert sich in drei Phasen: die Verleihung des Kandidatenstatus, die Beitrittsverhandlungen und die Ratifizierung des Beitrittsvertrags. Der Kandidatenstatus wird dem Bewerberstaat auf der Basis der Empfehlung der Europäischen Kommission durch einstimmigen Beschluss des Europäischen Rates verliehen.

Der erste Schritt nach dem Beitrittsantrag eines Landes ist eine Stellungnahme (Avis, Opinion) der Europäischen Kommission zum Beitrittsantrag, in der sie darlegt, inwieweit das Land die Kopenhagener Kriterien erfüllt. Dabei handelt es sich um drei Gruppen von Kriterien: politische (Wahrung der Menschenrechte, Schutz der Minderheiten, u.a.), wirtschaftliche (funktionierende Marktwirtschaft, u.a.) und Acquis-Kriterien; letztere beziehen sich auf die Fähigkeit, den Acquis communautaire, also die Gesamtheit der gemeinsamen Rechtsvorschriften, in nationales Recht umzusetzen.

Grundlage der Stellungnahme sind Informationen, die die Kommission in einem umfangreichen Fragenkatalog zu allen Bereichen des Acquis vom Bewerberstaat einholt. Erfüllt das Land die Anforderungen der Beitrittskriterien nicht in ausreichendem Maße, benennt die Kommission in ihrer Stellungnahme die konkreten Reformen, die das Bewerberland durchführen muss, um weitere Annäherungsschritte zu machen und insbesondere den Kandidatenstatus zu erreichen.

Im Falle Albaniens wurde der Antrag auf EU-Mitgliedschaft im November 2009 gestellt. Der Fragebogen der Europäischen Kommission umfasste fast 2.300 Fragen. Im Oktober 2012 empfahl die Kommission in ihrer Stellungnahme, Albanien den Status eines Beitrittskandidaten zu verleihen, sofern das Land die von der Kommission geforderten Maßnahmen zur besseren Erfüllung der Beitrittskriterien abgeschlossen hat. Der Kandidatenstatus wurde Albanien im Juni 2014 zuerkannt.

In der zweiten Phase des Beitrittsprozesses werden die Beitrittsverhandlungen geführt. Diese Phase umfasst die Übernahme des geltenden EU-Rechts in das nationale Recht des Beitrittskandidaten, die Vorbereitung auf seine ordnungsgemäße Anwendung und Durchsetzung sowie die Durchführung von Reformen in den Bereichen Justiz, Verwaltung, Wirtschaft und anderen Bereichen.

Der Verhandlungsgegenstand ist in 35 Kapitel unterteilt. Für die Eröffnung und den Abschluss jedes Verhandlungskapitels gibt es ein genau festgelegtes Verfahren. Die Verhandlungen finden im Rahmen von Beitrittskonferenzen auf Ministerebene zwischen den Regierungen der EU-Länder und der Regierung des Beitrittskandidaten statt. Der erste Schritt nach der Eröffnung der Verhandlungen über ein Kapitel ist die Überprüfung des Standes der Vorbereitungen im Rahmen des so genannten Screenings der Rechtsvorschriften. Im Screening-Bericht empfiehlt die Kommission entweder die Aufnahme der Verhandlungen oder die Erfüllung bestimmter Bedingungen. Sowohl für die Eröffnung als auch für den Abschluss von Verhandlungskapiteln muss das Kandidatenland nachweisen, dass die notwendigen Rechtsakte nicht nur in Kraft getreten sind, sondern auch umgesetzt werden. Jährliche Fortschrittsberichte der Kommission dokumentieren den Stand der Verhandlungen und die Reformbemühungen des Kandidatenlandes. Die Eröffnung eines Verhandlungskapitels erfolgt durch einstimmigen Beschluß des Rates, ebenso – bei zufriedenstellendem Fortschritt – die Schließung. Das Ende des Beitrittsprozesses ist erreicht, wenn sichergestellt ist, dass der Beitrittskandidat den gesamten Acquis übernommen hat und seine vollständige Umsetzung und Anwendung ab dem Beitritt gewährleistet ist.

Im Falle Albaniens wurden die Beitrittsverhandlungen im Juli 2022 aufgenommen, nachdem das Land im Juni 2014 den Status eines Beitrittskandidaten erhalten hatte und Fortschritte in Schlüsselbereichen wie der Justizreform, den Minderheitenrechten und der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität erzielt wurden. Bis Ende 2023 wurde das Screening aller Kapitel abgeschlossen. Der Länderbericht 2023 der EU-Kommission zu Albanien gibt einen Überblick über die Bewertung der Situation in allen Bereichen und die notwendigen Reformschritte. Als Beitrittsperspektive wird das Jahr 2030 genannt.

Nach dem Abschluss der Verhandlungen über alle Kapitel werden die Bedingungen sowie etwaige Ausnahmeregelungen und Übergangsmaßnahmen in den Beitrittsvertrag zwischen den Mitgliedstaaten und dem Beitrittskandidaten aufgenommen. Der Beitrittsvertrag enthält auch finanzielle Vereinbarungen, z.B. wie viel das neue Mitglied voraussichtlich in den EU-Haushalt einzahlen und aus ihm erhalten wird. Der Beitrittsvertrag bedarf der Zustimmung des Europäischen Rates, der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments. Nach der Ratifizierung des Beitrittsvertrages durch jeden EU-Mitgliedstaat und den Beitrittskandidaten tritt der Beitrittsvertrag zum vorgesehenen Zeitpunkt in Kraft und besiegelt damit die Vollmitgliedschaft des beitretenden Staates.

Im Falle Albaniens begannen die Verhandlungen im Oktober 2024 mit dem ersten Cluster von Verhandlungskapiteln, den „Fundamentals“ (= den wesentlichen Elementen), die die Grundlage für einen stabilen, demokratischen, modernen und gut funktionierenden Staat bilden. Dazu gehören die folgenden Bereiche und Verhandlungskapitel: Funktionieren der demokratischen Institutionen, Reform der öffentlichen Verwaltung, Justiz und Grundrechte, Recht, Freiheit und Sicherheit, Wirtschaftliche Kriterien, Öffentliches Beschaffungswesen, Statistik und Finanzkontrolle. Für das Kapitel Statistik hat Albanien im Jahr 2024 seine Verhandlungsposition erarbeitet und ist bereit, die Verhandlungen aufzunehmen.

Zu den Anforderungen der EU an die Beitrittskandidaten gehört die Bereitstellung eines breiten Spektrums an Statistiken, die eine Bewertung der politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Lage des Beitrittskandidaten und seiner Fortschritte bei der notwendigen Anpassung an den Acquis communautaire ermöglichen. Bereits im Verfahren zur Verleihung des Kandidatenstatus und bei der Überprüfung, ob ein Beitrittskandidat die Kopenhagener Kriterien erfüllt, spielen Statistiken eine wichtige Rolle. Statistiken über Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit, Inflationsraten, Staatsverschuldung und Handelsbilanz sind Indikatoren für eine funktionierende Marktwirtschaft. Statistiken werden auch zur Beurteilung der Erfüllung der politischen und rechtlichen Kriterien herangezogen. Auch bei der Erstellung der Screening-Berichte für jedes der 35 Verhandlungskapitel zu Beginn der Beitrittsverhandlungen und in den jährlichen Fortschrittsberichten spielen Statistiken eine wichtige Rolle.

Angesichts der Bedeutung der Statistik für die Bewertung und Überwachung der Erfüllung der politischen und rechtlichen Kriterien durch den Beitrittskandidaten ist es verständlich, dass dieses Verhandlungskapitel zu den ersten gehört, über die mit einem Beitrittskandidaten verhandelt wird.

Hinzu kommt, dass das statistische System der meisten Beitrittskandidaten bei weitem nicht den Standards des Statistical Acquis entspricht und umfangreiche Anpassungen erforderlich sind, damit Umfang und Qualität der verfügbaren Statistiken diesen Standards entsprechen. Die Tatsache, dass diese Anpassungen sinnvollerweise schon in einer frühen Phase des Beitrittsprozesses vorgenommen werden sollten, ist ein weiterer Grund dafür, das Kapitel Statistik schon als eines der ersten Verhandlungskapitel zu behandeln.

Ist Kultur (m)ein Leitfaden?

von Peter Schneyder

5.11.2024 – Adolf Hitler kam 1933 durch eine formal korrekte, demokratische Wahl an die Macht. Weil man einen Parameter, die Stimmenmehrheit – also das Äquivalent zum Naturrecht des Stärkeren –, absolut gesetzt hat. Ohne die vielen brutalen, unfairen und rechtswidrigen Aktionean im Vorfeld zu unterbinden oder diese als disqualifizierend zu werten und dementsprechend zu behandeln. Das kodifizierte Recht war da, aber es gab keine entsprechende Rechtskultur; also eine selbstverständliche, dekretierte oder auch durchgesetzte Form des Umgangs mit gesetzlichen Regeln, um deren Beugung und Missachtung zu unterbinden. Trotz dieser historischen Lektion tun wir uns bis heute schwer, wenn jemand den Konsens des tradierten Umgangs mit einer (Rechts)Materie ignoriert. Ungarn oder die USA sind aktuelle Beispiele unter vielen.

Wer daher glaubt, allein mit Verfassung und Menschenrechten „unsere“ Kultur umfassend definieren zu können, irrt. Der für unser Zusammenleben absolut relevante Bestand an Gesetzesnormen versucht, – indirekt, durch Ge- und Verbote – einen für die jeweilige Gesellschaft verbindlichen Wertekanon abzubilden. Das ist das Recht. Die „Rechtskultur“ ist dann aber, wie wir mit diesem kulturellen Erbe (zu dem die Regeln des Zusammenlebens und fixierte Verhaltensnormen genauso gehören wie historische Bauten oder Kunstwerke aller Art) umgehen. Nahrungsaufnahme ist unabdingbar; wie wir diese exekutieren ist unsere „Ess-Kultur“. So wie jede Art von Kunst nicht Teil unserer Kultur, sondern des kulturellen Erbes ist und Kultur in diesem Zusammenhang bedeutet, wie wir mit Kunst oder auch (sportlichen) Wettkämpfen umgehen. Wobei ohnehin sachlich unverständlich ist, warum man in Politik und Medien Kunst unter Kultur abhandelt, nicht aber Sport, der offenkundig nicht zu unserer Lebensart gehört.

Blasmusik ist eine Kunstform, die ich aktiv betreiben, passiv konsumieren oder schlicht ignorieren kann. Je nachdem, wie es meiner persönlichen kulturellen Befindlichkeit entspricht. Wer Brauchtum nicht als kulturelles Erbe, sondern als Kultur einordnet steht also auf der Leitung. Denn nicht das „Was“ unseres Tuns, sondern das „Wie“ meines Lebens ist bestimmend für meine ganz persönliche Kultur. Im Konzertsaal oder auf dem Fußballplatz treffen sich Menschen gleicher kultureller Bedürfnisse. Aufgrund ihrer individuellen kulturellen Befindlichkeit und hoffentlich nicht, weil sie einer entsprechenden Vorschrift folgen. Sie pflegen dort den individuellen Umgang mit einem Bestand unseres kulturellen Erbes bzw. – bei Neuem – was wir als diesem zugehörig empfinden oder auf Zuordnungstauglichkeit prüfen. Denn Kultur ist schlicht, wie wir leben.

Wenn es bei der Entwicklung von Leitlinien in Sachen Kultur also folglich nur um Vorgaben und Regeln gehen kann, um den gesellschaftlich (= politisch, mehrheitlich) gewünschten Umgang mit unserem kulturellen Erbe auf allen Ebenen zu definieren und zu sichern, dann ist die Definition dessen, was alles unser kulturelles Erbe ist bzw. sein soll/muss/darf bestenfalls die Ausgangsposition. Und da kommen wir sehr rasch in höchst schwierige Gefilde. Wenn Seneca meinte, „Was das Gesetz nicht verbietet, verbietet der Anstand“, hat er festgestellt, dass es eben neben dem definierten Recht eine ganz wichtige Ebene von ungeschriebenen, aber in der jeweiligen Gesellschaft als verbindlich vorgegebenen oder auch akzeptierten Verhaltensnormen gibt, die zwar vorhanden sein müssen, aber nur schwer festzuschreiben sind. Da geht es um unser tagtägliches Handeln, eben unsere Kultur. Hier anzusetzen ist mühsam, erfordert permanente Beobachtung und Adaption und ist eine gefährliche Gratwanderung.

Um beim Recht zu bleiben zur Veranschaulichung zwei völlig unterschiedliche Aspekte:

  • Akzeptieren wir den Bruch von Völkerrecht, weil es uns „eh nix angeht“ oder weil wir uns als Friedenstauben gerieren und im Anspruch moralischer Überlegenheit den Schutz des Lebens absolut setzen und damit den Einsatz desselben für die Freiheit von Lebensart und Lebensraum, also von Kultur und Heimat (= dort, wo das kulturelle Umfeld mir entspricht) verhindern wollen oder treten wir Aggressoren entschieden entgegen?
  • Wenn klar ist, dass es beim Aufeinandertreffen sich widersprechender Rechte einer peniblen Abwägung bedarf, um zu gewährleisten, dass das Recht der Einen nicht die Rechte Anderer ignoriert und verletzt, was ist dann zu tun? Es gibt dafür bei uns ja etwa zurecht strikte Regeln, die Holocaust-Leugnung und NS-Wiederbetätigung verbieten, obwohl dabei natürlich die Meinungsfreiheit eingeschränkt wird. Wann wehren wir uns aber mit ebensolcher Vehemenz gegen die in Europa absurde Forderung nach der Errichtung eines islamistischen Kalifats, das ganz klar unsere Verfassung außer Kraft setzen würde? Warum akzeptieren wir aber auch gleichzeitig nicht, dass die Herabwürdigung religiöser Leitgestalten und Symbole bei gläubigen Moslems eine seelische Verletzung bedeuten kann und daher auch in dieser Richtung vielleicht eine Einschränkung der Meinungsfreiheit angebracht wäre?

Leitlinien für unser (Zusammen)Leben, also unsere Kultur zu entwickeln und allgemein gültig zu postulieren, wäre eine lohnende und wahrscheinlich auch notwendige Sache. Vielleicht sollte man sogar durchaus beim Schnitzelessen unter dem Maibaum darüber diskutieren. Aber bitte nicht nur mit Herz, sondern auch unbedingt mit Hirn.

„In der Kürze liegt die Würze“ oder „Wie die Computerprogramme helfen, sich kurz zu fassen“.

von Rosa zur Mühlen

06.06.2024 – Schon Goethe sagte nach dem Schreiben eines längeren Briefes: ich hatte nicht die Zeit, mich kurz zu fassen.

Obwohl man als Schreiber schon auch das Recht hat, ausführlich zu beschreiben, was man beschreiben möchte. Genauso ist es auch beim Reden. Ein gewisses Maß an Toleranz beim Lesen und Hören sollte man als Verfasser jedweder Infos,  Fakten und Überlegungen erwarten dürfen. Dennoch finden die Kommunikationspartner Innendie erhaltenen Daten nicht immer als zufriedenstellend, entweder zu kurz oder zu lang, sondern eher immer das Gegenteil.

Gottseidank helfen bei der Lösung dieses kniffligen Problems in unseren KI-Tagen diverse Computer-Programme, die es durch ihre Inkompetenz fertig bringen, dazu beizutragen, dass man sich kurz hält. Ein Beispiel dafür ist das Programm „Nudel“, das ich wegen seines Namens gerne für Abfragen bezüglich der Speisenfolge bei einem Fest oder bei einer Veranstaltung verwende. Man kann mit ihm sowohl Termine als auch Speisen Vorschläge abfragen. Auf der ersten Seite muss man seine eigenen Daten eintragen und auch, was man überhaupt will. Man stellt zum Beispiel Speisenfolgen vor, indem man sie genau beschreibt wie Rinderfilet Medium gebraten 200g, dazu geröstetes Gemüse und Rosmarinkartoffeln. Die anderen Speisen gibt man genauso umfangreich ein.

Und dann kommt man zum Ende, und dort wird einem dann mitgeteilt, dass man die erste Seite nicht ausgefüllt hat. Nach einem Seufzer fängt man also wieder von vorne an.

Dieses Mal schreibt man allerdings nur noch Rinderfilet mit Beilagen. Man vollendet wiederum das Formular, und wieder wird einem mitgeteilt: „Sie haben die erste Seite nicht ausgefüllt.“Nachdem man nun einen deftigen Fluch ausgestoßen hat, schreibt man nur noch „Rinderfilet.“Das hätte wahrscheinlich von Anfang an gereicht und soll wahrscheinlich die Leute dazu ermahnen, sich kurz zu halten.

Und auf der anderen Seite führt es auch dazu, dass die Reaktionen ziemlich klar sind. Es schreibt nun also niemand mehr zurück, er hätte statt der Rosmarinkartoffeln lieber Pommes oder statt des gebratenen Gemüses lieber gekochten Wirsing.

Also rundum ein Erfolg, außer dass ich meine wertvolle Zeit dazu verwendet habe, mich kurz zu fassen. Ich frage mich nur, was passiert wäre, wenn ich gleich „Rinderfilet“ geschrieben hätte?!

Das ist ja kaum noch zu kürzen.

Albanien und EU: Eine Annäherung

von Peter Hackl

29.02.2024 – Für unsere immer schöner und größer werdende Europäische Union wäre es schön, wenn man (jeder EU-Bürger?) sich selbst ein Bild von einem potenziellen EU-Mitglied machen würde, bevor die Beitrittsfrage entschieden wird. Am Beispiel Albaniens: Ein ein- oder zweiwöchiger Besuch des Landes wäre für beide Seiten sehr nützlich, würde den Besuchern viele interessante Einblicke in dieses wegen seiner historischen und Naturdenkmäler besuchenswerte Land geben, den Albanern einen Schub in der Tourismusbilanz, der dem armen Land guttun würde.

Aufgrund meiner Vergangenheit als Statistiker bekam ich die Gelegenheit, Albanien zu besuchen. Dazu die Vorgeschichte: Im April 2009 stellte Albanien den Antrag auf Mitgliedschaft in der EU. Die Europäische Kommission verlangte, dass Albanien vor Beginn der Beitrittsverhandlungen bestimmte Beitrittskriterien erfüllt, darunter die Reform der öffentlichen Verwaltung und der Justiz sowie die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption. Im Juni 2014 erhielt Albanien den Status eines EU-Beitrittskandidaten, im März 2020 wurden die Beitrittsverhandlungen eröffnet. In einem ersten Schritt wird geprüft, welche Maßnahmen Albanien ergreifen muss, um den EU-Acquis zu erfüllen. Der EU-Acquis oder Acquis Communautaire (gemeinschaftliche Besitzstand) ist die Gesamtheit aller Rechtsakte, die für die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verbindlich sind. Er ist in sechs Cluster und 35 Kapitel gegliedert. Im Cluster 1 (Fundamentals) finden sich die Gesetzgebung, das Justizwesen, die Finanzkontrolle, und auch die Statistik. Die Statistik spielt naturgemäß eine zentrale Rolle, da ihre Daten es erst ermöglichen, den Zustand der Wirtschaft, der Finanzen, der Bevölkerung etc. eines Beitrittskandidaten zu beurteilen.

Das Statistical Requirements Compendium, das Referenzdokument des EU-Acquis zum Kapitel Statistik, enthält eine kurze Beschreibung für jeden Statistikbereich und listet aktuelle Rechtsakte und andere Dokumente auf, die für die Erstellung von Statistiken relevant sind, wie z.B. methodische Informationen und Anforderungen an die Datenlieferung an Eurostat. Für die Kandidatenländer wird das Statistical Requirements Compendium verwendet, um den Grad der Übereinstimmung mit dem EU-Acquis im Bereich Statistik zu bewerten.

Zur Vorbereitung der Verhandlungen über das Kapitel Statistik (und andere Kapitel) erstellt INSTAT, das Statistikamt Albaniens, eine sogenannte Negotiation Position, die aus zwei Teilen besteht: Für jeden Statistikbereich wird dargestellt, (1) inwieweit die Anforderungen des Europäischen Statistischen Systems bereits erfüllt werden, und (2) welche Maßnahmen bis wann ergriffen werden, um diese Anforderungen zu erfüllen. Die Europäische Kommission finanziert Albanien einen Experten, der das Formulieren der Negotiation Position beratend begleitet.

Als Statistikexperte mit einigen Kenntnissen des albanischen Statistischen Systems wurde ich gebeten, die Formulierung der Negotiation Position zu begleiten, was ich gerne zusagte. Nach den Vorbereitungen für die gemeinsamen Beratungen verbrachte ich eine interessante Septemberwoche in Tirana mit Präsentationen und Gesprächen, in denen mit den Leitern der einzelnen Statistikbereiche über den Status des Bereichs sowie die notwendigen Anpassungen an die Anforderungen der Europäischen Kommission beraten wurden. Im kommenden März werden wir die Details des Plans besprechen, nach dem die Albanische Statistik bis zum voraussichtlichen Beitrittstermin 2030 europatauglich gemacht werden soll.

Mein Tirana-Besuch fand Mitte September statt. Ich hatte ein Airbnb Apartment in Fußgeh-Distanz zu INSTAT und den zentralen Plätzen mit freundlichem Ambiente. September ist eine ausgezeichnete Reisezeit für Tirana. Die Tage sind angenehm sommerlich, und die Gastgärten und Terrassen der Restaurants und Bars sind an den Abenden voller Leute. Leute und das Straßenbild vermitteln den Eindruck, dass die Zeit der Armut noch nicht lange vorbei ist. Aber man fühlt sich freundlich aufgenommen. Ich freue mich jedenfalls auf eine weitere Woche in Tirana und bei INSTAT im März und habe vor, im Lauf des Jahres auch mehr von Albanien zu erkunden.

Noch ein paar Koordinaten zum Land Albanien: 2,8 Millionen Menschen leben dort auf ca. 28.700 km2, über 80% ethnische Albaner leben zusammen mit Griechen, Slawen, Roma und anderen Ethnien, knapp 60% sind Moslems, knapp 20% Christen; mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 8.900 EUR (EU: 40.000 EUR) liegen die Albaner am unteren Ende der Wohlstandsskala in Europa, bei einem Wirtschaftswachstum zwischen 3 und 4% jährlich, aber mit Aussicht auf eine bessere Zukunft.

Völker, hört die Signale

von Peter Schneyder
14.10.2023 – Das Völkerrecht hat als Bezug in Diskussionen sowie als Rechtfertigung für Kritik oder Aktionen im Zusammenhang mit internationalen Konflikten Hochsaison. Immer geht es dabei um Grenzen: geografische oder historisch-nationale, solche des passiven oder aktiven Handelns sowie deren Verschiebung oder Neuziehung auf allen Ebenen. Jetzt, nach knapp achtzig Jahren kommt die stabil geglaubte, sogenannte „Nachkriegsordnung“ an immer mehr Ecken und Enden ins Wanken.

Das Gleichgewicht der (Vernichtungs)Kräfte verschiebt sich zusehends, bislang Undenkbares wird plötzlich möglich und passiert auch tatsächlich immer öfter. Die UNO verliert ihre Schiedsrichterfunktion in Konflikten, weil ihre Strukturen die aktuellen Kräfteverhältnisse in der Welt nicht mehr abbilden und als Folge ihre Entscheidungen nichts bewirken, weil sich die Mitgliedsstaaten kaum mehr um diese scheren. Von den ganz Großen bis zu den Kleinen.

Verschiedene Interessen von der militärischen bis zur wirtschaftlichen Sicherheit dienen nun als Begründung, Grenzen zu überschreiten, durchzusetzen was man für notwendig erachtet oder schlicht haben will. Wir leben – ob wir wollen oder nicht – in interessanten Zeiten, wie man wohl in China sagen würde. Das mühsam gefundene und lange zumindest formal akzeptierte Völkerrecht weicht immer öfter dem primitiven aber leider höchst wirkungsvollen Naturrecht des Stärkeren.

In Wahrheit deshalb, weil sich das an sich typisch österreichische Prinzip der maximalen Unverbindlichkeit unglücklicher Weise in der ganzen Welt verbreitet. Man löst offene Fragen zwischen Staaten oder Volksgruppen nicht, sondern sitzt sie wenn möglich einfach aus, ignoriert sie so lange wie möglich oder friert sie ein, wie es so schön heißt. Aber irgendwann kochen diese schlummernden Konflikte hoch und dann rächt sich die Ignoranz von „wird schon nichts passieren“ bis „kann man halt nichts machen“.

Dann folgt unvermeidlich die Schuldzuweisungsfrage. Leider. Denn es wäre doch wohl sinnvoller, Energie und Zeit dafür zu verwenden, um probate Lösungen für die aufflammenden Probleme zu suchen, statt sich über Verantwortlichkeiten den Kopf zu zerbrechen, oder? Aber wo bleibt dann die Sanktionswirkung des Völkerrechts?

Geografische Grenzen basieren in der Regel auf länger oder weniger lang zurückliegenden Unrechtshandlungen, von illegitimen Gebietsaneignungen bis hin zu Kriegen. Darf man diese korrigieren (wollen)? Wenn ja, wie und wie lange zurück? Da werden vor allem populistisch nationalistische Emotionen geschürt, wird Unrecht konstruiert wo keines erkennbar ist, wird andererseits evidentes Unrecht ignoriert.

Die Welt ist aus den Fugen. Weil einige wenige rücksichtslos das Grundrecht der Menschheit auf ein gutes oder zumindest akzeptables Leben missachten, um ihrer Gier und ihrem Wahn Raum zu geben. Wo ist unsere Verantwortung dafür, dass dies auch heute noch, in einer angeblich zivilisierten Welt geschehen kann? Können wir wirklich gar nichts tun, um geltendes (Völker)Recht wirksam zu machen?

Universelle Kompetenz als „Überlebensmittel“

von Gerhard E. Ortner
18.09.2023 – Die Anstrengungen zur Wiederbelebung der, durch gesundheitspolitisch motivierte Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erheblich beschädigten Wirtschaft treffen auf vielfältige „zivile“ Initiativen. Diese folgen unterschiedlichen Zielsetzungen, allerdings alle unter aufwendigen personalen und politischen Realisierung-Bedingungen. Für die Deckung der daraus resultierenden „Bedarfe“ muss ein entsprechende Angebot bereitgestellt werden. Dies trifft für die Bedarfe an „Lebensmitteln“ im weitesten Sinne, von Grundnahrungsmittel bis zu Luxusgütern, aber auch für „Überlebensmittel“ zu, also beispielsweise auch für die Bedarfe an „Klimastabilität“ und “Renaturierung“.

Diese Angebote dürfen nicht neue Bedarfe zur Folge haben, die größer sind, als die gestillten. Das heißt in wirtschaftlicher Diktion: Der Preis für die Herstellung darf nicht höher sein als der zu erzielende Ertrag. Das hat nichts mit Profiterzielung und wenig mit Gewinnstreben auf Kosten Dritter, sehr viel aber mit der Vermeidung von Verschwendung – und damit der langfristigen Sicherung von Ressourcen zu tun.

Die Deckung von knappen Bedarfen, also solchen, die nicht durch Angebote im Überfluss gedeckt werden können, bedarf personaler und „realer“ Leistungen. Die Bedarfsdeckung zu fordern, ist eine politische Aktivität, sie zu erreichen eine ökonomologische, das heißt eine wirtschaftliche, die auf langfristige Ressourcensicherung Bedacht nimmt. Der zur Bewältigung der massiven Beschädigung durch die Pandemie erforderlich gewordene Neustart der Weltwirtschaft bietet allerdings auch eine einmalig historische Chance: Es geht um nichts weniger als die Verwirklichung nachhaltiger ökonomologischer Prinzipen zur Stabilisierung von Wohlstand und Wohlfahrt für die größtmögliche Zahl auf hohem Niveau. Zu den unabdingbaren Voraussetzungen hierfür gehört freilich das jeweils höchstmögliche Wissen um Ökologie und Ökonomie der größtmöglichen Zahl der Menschen und der feste Wille, es global vorbehaltlos einzusetzen.

Unsere Stellungnahmen

Adults for Alternatives:

Von den Alten lernen, heißt überleben lernen.

Was wir wollen? Uns zu Wort melden!
Stellung nehmen und Stellungnahmen abgeben

Wer wir sind? Wir sind die alte BerufsElite,
die in die TalkShows nicht mehr eingeladen werden.

Wir sind die, die ein volles BerufsLeben
gelebt und überlebt haben und noch leben.

Wir sind die, die in vielem Bescheid wissen,
die unbeirrt Bildung erworben und in Berufen umgesetzt haben.

Wir sind die, die auf Vernunft zählen und
sich nicht nur auf unser Gefühl verlassen.

Wir zählen auf wohl erworbenes Wissen und
unterscheiden zwischen Fakten und Fakes.

Wir haben keine Angst vor der Freiheit und
misstrauen der Moral der Massen.

Wir sind fest davon überzeugt,
dass mit dem Erreichen des Rentenalters
das Leben noch nicht zu Ende ist.

Wir haben erfahren, das ohne Mühe und
ohne Leistung keine Gerechtigkeit möglich ist.

Wir leben gerne, aber wir wissen.
dass unsere Welt nicht das Paradies ist.

Wir wollen Wohlstand und Wohlfahrt  für alle
nicht von den jeweils anderen fordern.

Wir wollen weiter mitdenken, mitreden,
uns zu Wort melden und Stellung beziehen.
auch wenn wir nicht mehr gefragt werden.

Wir beziehen Stellung und machen Vorschläge. Auch ungefragt.

SENIORS FOR SOLUTIONS

Meldungen & Meinungen aus der VorstandsBubble

Warum es sinnvoll ist, den DenkRaum des Kuratoriums bis zur „universellen“ Kompetenz zu erweitern.

Stellungnahme zum Konzept des KUKw3

von Gerhard E. Ortner

03.03.2024 – Es könnte gefragt werden, haben wir in den K3- Zeiten – in einer Zeit, in der uns mitten in unserem wohligen Baden in Wohlstand und moralgetriebenen Streben nach Wohlfahrt die brutale Realität der Natur erschüttert – Klimakrise, Krankheit und dann auch noch Krieg – keine anderen Probleme als „universelle Kompetenz“. Hat denn nicht eigentlich die Befassung mit „WirtschaftsKompetenz“ gereicht?

Die Antwort hängt davon ab, ob man sich klar machten kann und  was denn die Bezeichnung bedeutet, welcher „Begriff“ benannt wird. Für die Menschen, die sich unter der Bezeichnung „WirtschaftsKompetenz für Europa“ seit mehr als zwanzig Jahren mit diesem Begriff theoretisch fundiert und praxisbezogen beschäftigten, ist WirtschaftsKompetenz nicht nur Gegenstand und ZielPerspektive Ort WirtschaftsPädagogik oder WirtschaftDidaktik, sondern das Ergebnis einer gesamtheitlich  verstandenen politischen Bildung.

Eine Bildung, die das Leben der  Einzelnen genauso betrifft wie das Leben in Gemeinschaften. Eine Bildung, die ein friedliches ZusammenLeben, in der Leistungsgerechtigkeit verwirklicht wird, ermöglicht. Eine Bildung, die auf den unstillbaren Wunsch der Menschen nach personaler Freiheit, der offenbar biologisch verankert ist, verweist und gleichzeitig auf die Grenzen dessen Erfüllung im Zusammenleben in Gemeinschaften. Der unverrückbare Grundsatz des TitelHelden der deutschen Aufklärung zeigt, dass Wirtschaften letztlich ein realistisches Abbild des Lebens ist: Wunsch und Erfüllung sind gegen einander zu stellen wie Nachfrage und Angebot. Kant wollte möglicherweise die Grenzen der Freiheit des Menschen vernünftig begründen – und hat gleichzeitig gezeigt, dass WirtschaftsKompetenz LebensKompetenz ist. Der „Ausgleich“ schafft gleichermaßen personal „Zufriedenheit“ und sozial „Frieden“. Deshalb ist WirtschaftsKompetenz weit mehr als die Fähigkeit, eine Konzernbilanz zu lesen, ja selbst in solches ZahlenMonstrum aufzustellen. Und wenn alles nicht hilft, dann muss man sich eben der „Notwendigkeit“ beugen, rät ein anderer Philosoph der gleichen Epoche, der nach seiner festen Überzeugung die Philosophie vollendet hat.

Schade eigentlich, dass die Aufklärungsphilosophie teils in Vergessenheit, teils in Verruf geriet und von manchen Ideologen dialektisch vernichtet wurde. Aber Vernunft ist für die einen eben gefährlich, für die meisten langweilig. Dagegen muss man sich wehren.

Deshalb hat auch das Kuratorium seine Ausrichtung nicht geändert ,sondern seine Erfahrens- und Erkenntnisfelder erweitert. Das KWE konzentrierte sich auf die WirtschaftsKompetenz, auf die Kompetenz  in der Wirtschaft engeren Sinne und in einem Erdteil, das KUKw3 arbeitet „grenzenlos“ – mit einer positiv moralischen Perspektive: Wohlstand und Wohlfahrt weltweit.

Unser – fortgeschriebenes – Anliegen ist die Integration von Wirtschaft und Politik, Wissenschaft und Kunst als Säulen unserer Kultur, die uns als „Menschen“ und bewusste „Personen“ von allen anderen LebeWesen unterscheidet. Das erfordert recht radikales Umdenken für alle, die es gewohnt sind, sich in kleinen Kästchen wohl zu fühlen. Und das sind betrüblicherweise viele. Vielleicht zu viele.

Meldungen & Meinungen aus der MitgliederCommunity

„Wir wollten immer da sein, wenn sie uns brauchten.“

Stellungnahme zur Frage: „Was die Philosophen von der Erziehung fordern und wie die Eltern ihre Kinder erziehen.“

von Gerhard Stroh

04.08.2024 – Die imperfekte Gegenwart forderte schon seit altersher Menschen  heraus, utopische Gegenwelten auszumalen und sie theoretisch zu rekonstruieren. In dieser jeweiligen Gegenwelt werde, so das große vVersprechen, das Leben besser als das beschwerliche gegenwärtig -,allerdings erst in einer unbestimmten Zukunft. Des heiligen Augustinus‘ Gottesstaat („Civitas Dei“) ist beispielsweise ein solcher Ort. Die ganze Welt unter kommunistischer Herrschaft oder die der Arier sollte ein solcher Ort nach der Vorstellung von Stalin und Hitler gewesen sein. Diese Gegenwelten sind Gegenstand großer Erzählungen. Um diese zu verwirklichen, sind sowohl Wissen (Erkenntnis), als auch Einstellungen und Haltungen (Ethik) erforderlich; Menschen, insbesondere junge Menschen müssen „ausgerichtet“, geformt, zu erzogen werden.

 Mit dem Schwinden der (Überzeugungs-)Kraft der Metaerzählungen verblasst das jeweilige  Bildungs- und Erziehungsziel. So erging es den  Erzählungen von irdischen Paradiesen, so erging es der Metaerzählung  der Aufklärung über die Rationalisierung der Welt, so erging es Hegels großer Erzählung vom „Zu-sich-kommen“, vom „An-und-für-sich-werden“ des Geistes im Geschichtsprozess. Der französische Philosoph Jean-Francois Lyotard (1924-1998) lässt die  Moderne mit dem Schwinden der bündelnden Metaerzählungen enden und die Postmoderne beginnen. In der Postmoderne steht statt der Erzählung von einer Gegenwelt die Vielfalt von gleichberechtigten Lebensformen. Dementsprechend wird in der Postmoderne nicht mehr auf ein bestimmtes Ziel, zu einer bestimmten Haltung, sondern zu Erziehungszielen, zu Haltungen hin erzogen. Die Pädagogen in der Postmoderne wissen, dass ihre Arbeitsstätten (Schulen) keine Trainingslager zur Verwirklichung einer zukünftigen Ideal-Welt sind. In ihren Wirkungsstätten sollen Wissen und Können vermittelt, die Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler durch die „Fähigkeit und Neigung zum befreiten Denken“ (Gerhard Ortner) gestärkt werden, damit ihre Schüler selbstwertbewusst und selbstverantwortlich ihr Leben gestalten können. Um mit Jean-Jacques Rousseau das Erziehungsziel im Verständnis und der Sprache der Postmoderne zu umschreiben: Sein Zögling Emile soll in die gegebenen Verhältnisse eingeführt und zugleich befähigt werden, sich von den gegebenen Verhältnissen zu befreien.

 Jede Generation hat ihre eigene Vorstellungen von ihrem Erziehungsstil, jede Generation sieht sich vor andere Herausforderungen bei der Erziehung ihrer Nachkommen gestellt. Wie groß der Unterschied von Erziehungsformen sein kann, zeigt ein Vergleich der Erziehungsformen der Gegenwart mit der in Thomas Mann’s Roman „Die Buddenbrook“s beschriebene Schule, die von Direktor Wulike geleitete Schule, in die der letzte Sproß der Familie, Hanno, zu gehen hatte. Das gleiche gilt für Robert Musils Beschreibung der (Militär)Schule des Zöglings Törleß.

Beim Schreiben dieser Zeilen, habe ich mich gefragt, wie meine Frau und ich unsere Kinder eigentlich erzogen haben. Fest steht, wir hatten keinen Plan. Sicher ist, dass uns vorschwebte, dass sie später so denken und handeln, wie wir. Wie wir das erreichen wollten, darüber machten wir uns keine Gedanken. Unsere Erziehung, wenn man das, was wir unseren Kindern „angedeihen“ ließen, wie man das früher einmal ausdrückte, als solche bezeichnen kann, bestand darin, möglichst viel mit unserem Nachwuchs  gemeinsam zu unternehme, möglichst viel Zeit für sie zu haben und da zu sein, wenn sie uns brauchten. Das war alles.

„Lieber Opa, warum bist Du immer so gut drauf?“

Stellungnahme zur Frage: „Was ein Angehöriger der Kohorte der „Entwachsenen“ den Jüngeren empfehlen kann.“

von Gerd Stroh

01.04.2024 – Ich habe meine gelassene Heiterkeit wie folgt gewonnen: Zunächst habe ich getrachtet, mich von meinem durchaus liebevollen, aber supermächtigem Über-Ich zu lösen und mich nicht bei jedem Fehler, Versehen oder jeder Sünde selbst als Vollpfosten zu beschimpfen. Ich suchte vielmehr – und meist erfolgreich – erfolgreich nach Erklärungen, Entschuldigungen für mein falsches Verhalten zu suchen, bis ich so weit war, mir meine Sünden selbst zu verzeihen (eine Empfehlung von Erich Rentrow) und meine Fehler als „Fehlerchen“ zu verzwergen, so weit, bis sie verständlich, vor allem aber verzeihlich waren. So mit dreißig Jahren war ich so weit: Ich war in der Lage war, über meine Fehler und über mich selbst zu lachen. War  sehr befreiend.

Kurz nach der Trauung versuchte ich Erdbeer-Quark-Creme in unserer schnuckeligen Küche  unserer ersten gemeinsamen Wohnung zu fabrizieren. Durch irgendwelche Missgeschicke entglitt mir der elektrische Rührer – und die rosarote Creme bedeckte Küche und mich; mit viel Phantasie sah es so aus wie eines von Polocks Schüttbildern, etwa „in Love – türkisblau“, nur eben in Rosa.

Ich musste laut lachen, so laut, dass meine frisch angetraute Frau in die Küche kam, und als sie die Bescherung sah, auch laut lachen musste. Gemeinsam zerstörten wir das Kunstwerk und als ich unter der Dusche hervor kam, sagte ich zu ihr: „Ich wusste, dass ich die Richtige geheiratet habe.“ Wir kannten uns nämlich erst 14 Tage. Antwort: „Ich liebe deine schnelle Auffassungsgabe!“ Das gibt Sicherheit.

Diese Erfahrung machte mich einfach sicher, dass alles nicht so schlimm sein kann, vorausgesetzt, es kommt niemand ums Leben. Und was für mich gilt, gilt auch für andere. Wenn beispielsweise ein wildgewordener Radfahrer am beliebten Berliner Prenzlauer Berg mich beinahe über den Haufen fährt, denke ich nur, ach Gott, der Arme, hat der es aber eilig, hoffentlich  passiert ihm nichts. Dann höre ich angestrengt, ob ein Krankenwagen zu hören ist. Ist er aber nie – und ich bin’s zufrieden und gehe meiner Wege. Ich habe so meine Wehr und Waffe erworben und vor allem zu handhaben gelernt. Ob sie gebrauchsfähig ist für das letzte Abenteuer, das Sterben, wird sich herausstellen. Axel  Hacke hat ein fabelhaftes, wirklich  lesenswertes Buch „Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte“ geschrieben. In seiner Abhandlung weist er auf Robert Musils Roman „Mann ohne Eigenschaften“hin, in dem im 4.Kapitel über „Wirklichkeitssinn und Möglichkeitssinn“ philosophiert wird. Wer den Möglichkeitssinn besitzt, so Musil, sagt beispielsweise nicht: „Hier ist dies oder das geschehen oder muss geschehen“, sondern er erfindet: „Hier könnte, sollte oder müsste es geschehen.“

In diesem Sinn denke ich, die heitere Gelassenheit sollte oder dürfte mich eigentlich nicht verlassen, sondern müsste mir helfen beim Hinübergleiten in den seligen, ewigen Schlaf. Der Witz des Möglichkeitssinn ist, alles, was ebenso gut sein könnte, zu denken und das was ist, nicht wichtiger zu nehmen als das, was nicht ist. Aus diesem Grund hoffe ich sicherheitshalber, dass der Klinik, in der ich sterbe, das Morphium nicht ausgegangen ist und niemand dort für die jeweils gerechte Sache streikt. Ich wünsche mir, dass mir ein verantwortungsbewusster Arzt  zur Seite steht und mir durch seine Kunst Schmerzfreiheit  beschert, die mir dazu verhilft, dass ich meine gelassene Heiterkeit bis zum letzten Atemzug behalte.

Aber bis es so weit ist, lese ich Harald Weinrichs….- noch einmal und immer wieder.

Jawoll!

Die Waffen eines Neunzigjährigen

Stellungnahme zur Frage: „Wie ein Angehöriger der Kohorte der ‚Entwachsenen‘ durchs Leben gekommen ist.“

von Gerd Stroh 

23.03.2024 – Die Waffen eines Neunzigjährigen sind wie die der NATO ausschließlich defensiv und dienen lediglich dazu, mit den Zumutungen des Lebens fertig zu werden.

Zumutungen des Lebens, wie sie jeder kennt, sind Gleichgültigkeit, Aufdringlichkeit, Dummheit, Ablehnungen, Beleidigungen, Drohungen, Enttäuschungen, die man von Mitmenschen gelegentlich erfährt und ertragen muss. Hinzu kommen weit schlimmere Zumutungen, wie Krankheiten, Ängste aller Art und am Ende drohend: Die Furcht vor dem eigenen Tod! Wie leben? Wie kann ein alter Mensch mit diesen Zumutungen leben, sie parieren?

Das Gute am Alter ist, dass jede und jeder Zeit genug hatte, auszuprobieren, wie man mit diesen Zumutungen und mit der Tatsache umgehen kann, dass nichts mehr – wie einst – selbstverständlich ist: Religion, Ehe, Beruf, Tradition. Jeder Mensch kann im Laufe seines Lebens  ausprobieren, wie er mit all diesen Widrigkeiten am besten umgehen, wie er damit überleben  kann. Ich, Jahrgang 1934, habe folgende Waffen geschmiedet, um Angriffe  der beschrieben Art abzuwehren und meine Seele und meinen Körper zu schützen, sie unversehrt zu halten.

Zunächst und zu allererst: Disziplin. Ich trinke, allerdings unter sanftem Druck meiner drei entzückenden Enkelinnen Marie-Berth (12), Apolline (15) und Leonie (25,) so gut wie keinen Alkohol. Allerdings gestatte ich mir – selten genug – Ausnahmen: Man soll ja nichts übertreiben. Auch achte ich darauf, von meinen achtsamen Enkelinnen angeleitet, möglichst wenig Fleisch und überhaupt weniger zu essen, allerdings mit mäßigem Erfolg, was die Reduzierung meines Lebendgewichts betrifft. Macht nix!

Schließlich versuche ich, mich täglich an der frischen Luft zu bewegen, beschämend langsam und rasch ermüdend, aber immerhin. Wohl wahr: Ich bin schließlich keine achtzig mehr!

Zum Zweiten: Selbstgewählte Einsamkeit. Zugegeben, Mutter Natur hilft – unerwünscht – bei der Wahl der Einsamkeit. Meine Klassenkameraden sind fast alle gestorben, die meisten Kommilitonen, mit denen ich meine Studentenzeit verbracht habe, auch. Bei der Wahl neuer Menschen, mit denen ich mich im Alltag umgebe und die ich an mich heranlasse, bin ich zurückhaltender geworden. Man kann es Feigheit nennen. Richtig, es ist auch feige, aber das bin ich nun mal. Tatsache ist, dass ich von niemandem enttäuscht, bedroht oder sonstwie beeinträchtigt werden kann, den oder die ich nicht kenne. Logisch – oder?

Zum Dritten, Letzten und vielleicht Wichtigsten: Heiterkeit. Ich meine nicht, erheitert zu werden wie durch einen Witz oder eine Komödie, sondern ich meine eine Heiterkeit, die man gelassene Heiterkeit oder heitere Gelassenheit nennen kann. Eine Gelassenheit, die von Innen kommt – und die mir persönlich eigen ist. Nach Hans Fallada stirbt jeder für sich allein – und Rilke war der je eigne Tod wichtig. Das gilt auch nach meiner Meinung erst recht für das Leben: Jeder lebt sein eigenes Leben. Jeder muss sehen, wie er mit den Ereignissen im Leben fertig wird, welche Möglichkeit er hat zu leben. Wie heißt es bei Ringelnatz („Es zwitschert eine Lerche im Kamin“) in der letzten Zeile: „Reich willst Du werden? Warum bist Du ’s nicht?“.

Ringelnatz hat so recht!

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