Unsere Plattform

Hier treffen sich Mitglieder und BesucherInnen “digital“.

Hier melden sich unsere beratenden und beschließenden Mitglieder zu Wort. Dazwischen gibt es Neues aus dem Vorstand.Die  Beiträge können aktuell oder zeitlos sein. Sie können und sollen aus allen Bereichen kommen, für die und die für universelle Kompetenz erforderlich ist und sind; also: befreites Denken und überlegtes Handeln, privates Tun und staatliches Lassen, freie Kunst und gezielte Technik, praktische Ökonomologie und politische Philosophie – und was alles noch zur „Gesamtheitlichkeit“ dazugehört.

Die in den  Zuschriften bezogenen „Positionen“ können kurz, mittel oder mittellang sein, sie können kritisch und kontrovers, sollen konstruktiv und kenntnisreich sein. Sie dürfen bedeutungsvoll ernst daher kommen, aber auch zum Schmunzeln anregen. Sie sollen in verständlicher Sprache und in gutem Ton verfasst sein. Wer mit anderen ins Gespräch kommen will, sollte der gemeinsamen Sprache mächtig sein. Bilder wecken Interesse, wichtige Aussagen werden geschrieben.

Die Beiträge, die auf unserer Plattform gelesen werden können, sind Meinungen der Mitglieder des Kuratoriums. Tippfehler und innovativ gesetzte Satzzeichen werden verständnisvoll redigiert, alle „Positionen“, auch solche, die vom Mainstream abweichen, gehen so hinaus, wie sie herein kommen. Wer das Tippen verlernt hat, diktiert in sein Phone. Wer das KorrekturProgramm nicht ausschaltet, „haftet“ für dessen Kreativität.

Aufruf an alle Mitglieder: Beziehen Sie Position!

Bitte an alle BesucherInnen: Schreiben Sie Kommentare!

Albanien und EU: Eine Annäherung

von Peter Hackl

29.02.2024 – Für unsere immer schöner und größer werdende Europäische Union wäre es schön, wenn man (jeder EU-Bürger?) sich selbst ein Bild von einem potenziellen EU-Mitglied machen würde, bevor die Beitrittsfrage entschieden wird. Am Beispiel Albaniens: Ein ein- oder zweiwöchiger Besuch des Landes wäre für beide Seiten sehr nützlich, würde den Besuchern viele interessante Einblicke in dieses wegen seiner historischen und Naturdenkmäler besuchenswerte Land geben, den Albanern einen Schub in der Tourismusbilanz, der dem armen Land guttun würde.

Aufgrund meiner Vergangenheit als Statistiker bekam ich die Gelegenheit, Albanien zu besuchen. Dazu die Vorgeschichte: Im April 2009 stellte Albanien den Antrag auf Mitgliedschaft in der EU. Die Europäische Kommission verlangte, dass Albanien vor Beginn der Beitrittsverhandlungen bestimmte Beitrittskriterien erfüllt, darunter die Reform der öffentlichen Verwaltung und der Justiz sowie die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption. Im Juni 2014 erhielt Albanien den Status eines EU-Beitrittskandidaten, im März 2020 wurden die Beitrittsverhandlungen eröffnet. In einem ersten Schritt wird geprüft, welche Maßnahmen Albanien ergreifen muss, um den EU-Acquis zu erfüllen. Der EU-Acquis oder Acquis Communautaire (gemeinschaftliche Besitzstand) ist die Gesamtheit aller Rechtsakte, die für die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verbindlich sind. Er ist in sechs Cluster und 35 Kapitel gegliedert. Im Cluster 1 (Fundamentals) finden sich die Gesetzgebung, das Justizwesen, die Finanzkontrolle, und auch die Statistik. Die Statistik spielt naturgemäß eine zentrale Rolle, da ihre Daten es erst ermöglichen, den Zustand der Wirtschaft, der Finanzen, der Bevölkerung etc. eines Beitrittskandidaten zu beurteilen.

Das Statistical Requirements Compendium, das Referenzdokument des EU-Acquis zum Kapitel Statistik, enthält eine kurze Beschreibung für jeden Statistikbereich und listet aktuelle Rechtsakte und andere Dokumente auf, die für die Erstellung von Statistiken relevant sind, wie z.B. methodische Informationen und Anforderungen an die Datenlieferung an Eurostat. Für die Kandidatenländer wird das Statistical Requirements Compendium verwendet, um den Grad der Übereinstimmung mit dem EU-Acquis im Bereich Statistik zu bewerten.

Zur Vorbereitung der Verhandlungen über das Kapitel Statistik (und andere Kapitel) erstellt INSTAT, das Statistikamt Albaniens, eine sogenannte Negotiation Position, die aus zwei Teilen besteht: Für jeden Statistikbereich wird dargestellt, (1) inwieweit die Anforderungen des Europäischen Statistischen Systems bereits erfüllt werden, und (2) welche Maßnahmen bis wann ergriffen werden, um diese Anforderungen zu erfüllen. Die Europäische Kommission finanziert Albanien einen Experten, der das Formulieren der Negotiation Position beratend begleitet.

Als Statistikexperte mit einigen Kenntnissen des albanischen Statistischen Systems wurde ich gebeten, die Formulierung der Negotiation Position zu begleiten, was ich gerne zusagte. Nach den Vorbereitungen für die gemeinsamen Beratungen verbrachte ich eine interessante Septemberwoche in Tirana mit Präsentationen und Gesprächen, in denen mit den Leitern der einzelnen Statistikbereiche über den Status des Bereichs sowie die notwendigen Anpassungen an die Anforderungen der Europäischen Kommission beraten wurden. Im kommenden März werden wir die Details des Plans besprechen, nach dem die Albanische Statistik bis zum voraussichtlichen Beitrittstermin 2030 europatauglich gemacht werden soll.

Mein Tirana-Besuch fand Mitte September statt. Ich hatte ein Airbnb Apartment in Fußgeh-Distanz zu INSTAT und den zentralen Plätzen mit freundlichem Ambiente. September ist eine ausgezeichnete Reisezeit für Tirana. Die Tage sind angenehm sommerlich, und die Gastgärten und Terrassen der Restaurants und Bars sind an den Abenden voller Leute. Leute und das Straßenbild vermitteln den Eindruck, dass die Zeit der Armut noch nicht lange vorbei ist. Aber man fühlt sich freundlich aufgenommen. Ich freue mich jedenfalls auf eine weitere Woche in Tirana und bei INSTAT im März und habe vor, im Lauf des Jahres auch mehr von Albanien zu erkunden.

Noch ein paar Koordinaten zum Land Albanien: 2,8 Millionen Menschen leben dort auf ca. 28.700 km2, über 80% ethnische Albaner leben zusammen mit Griechen, Slawen, Roma und anderen Ethnien, knapp 60% sind Moslems, knapp 20% Christen; mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 8.900 EUR (EU: 40.000 EUR) liegen die Albaner am unteren Ende der Wohlstandsskala in Europa, bei einem Wirtschaftswachstum zwischen 3 und 4% jährlich, aber mit Aussicht auf eine bessere Zukunft.

Völker, hört die Signale

von Peter Schneyder
14.10.2023 – Das Völkerrecht hat als Bezug in Diskussionen sowie als Rechtfertigung für Kritik oder Aktionen im Zusammenhang mit internationalen Konflikten Hochsaison. Immer geht es dabei um Grenzen: geografische oder historisch-nationale, solche des passiven oder aktiven Handelns sowie deren Verschiebung oder Neuziehung auf allen Ebenen. Jetzt, nach knapp achtzig Jahren kommt die stabil geglaubte, sogenannte „Nachkriegsordnung“ an immer mehr Ecken und Enden ins Wanken.

Das Gleichgewicht der (Vernichtungs)Kräfte verschiebt sich zusehends, bislang Undenkbares wird plötzlich möglich und passiert auch tatsächlich immer öfter. Die UNO verliert ihre Schiedsrichterfunktion in Konflikten, weil ihre Strukturen die aktuellen Kräfteverhältnisse in der Welt nicht mehr abbilden und als Folge ihre Entscheidungen nichts bewirken, weil sich die Mitgliedsstaaten kaum mehr um diese scheren. Von den ganz Großen bis zu den Kleinen.

Verschiedene Interessen von der militärischen bis zur wirtschaftlichen Sicherheit dienen nun als Begründung, Grenzen zu überschreiten, durchzusetzen was man für notwendig erachtet oder schlicht haben will. Wir leben – ob wir wollen oder nicht – in interessanten Zeiten, wie man wohl in China sagen würde. Das mühsam gefundene und lange zumindest formal akzeptierte Völkerrecht weicht immer öfter dem primitiven aber leider höchst wirkungsvollen Naturrecht des Stärkeren.

In Wahrheit deshalb, weil sich das an sich typisch österreichische Prinzip der maximalen Unverbindlichkeit unglücklicher Weise in der ganzen Welt verbreitet. Man löst offene Fragen zwischen Staaten oder Volksgruppen nicht, sondern sitzt sie wenn möglich einfach aus, ignoriert sie so lange wie möglich oder friert sie ein, wie es so schön heißt. Aber irgendwann kochen diese schlummernden Konflikte hoch und dann rächt sich die Ignoranz von „wird schon nichts passieren“ bis „kann man halt nichts machen“.

Dann folgt unvermeidlich die Schuldzuweisungsfrage. Leider. Denn es wäre doch wohl sinnvoller, Energie und Zeit dafür zu verwenden, um probate Lösungen für die aufflammenden Probleme zu suchen, statt sich über Verantwortlichkeiten den Kopf zu zerbrechen, oder? Aber wo bleibt dann die Sanktionswirkung des Völkerrechts?

Geografische Grenzen basieren in der Regel auf länger oder weniger lang zurückliegenden Unrechtshandlungen, von illegitimen Gebietsaneignungen bis hin zu Kriegen. Darf man diese korrigieren (wollen)? Wenn ja, wie und wie lange zurück? Da werden vor allem populistisch nationalistische Emotionen geschürt, wird Unrecht konstruiert wo keines erkennbar ist, wird andererseits evidentes Unrecht ignoriert.

Die Welt ist aus den Fugen. Weil einige wenige rücksichtslos das Grundrecht der Menschheit auf ein gutes oder zumindest akzeptables Leben missachten, um ihrer Gier und ihrem Wahn Raum zu geben. Wo ist unsere Verantwortung dafür, dass dies auch heute noch, in einer angeblich zivilisierten Welt geschehen kann? Können wir wirklich gar nichts tun, um geltendes (Völker)Recht wirksam zu machen?

Universelle Kompetenz als „Überlebensmittel“

von Gerhard E. Ortner
18.09.2023 – Die Anstrengungen zur Wiederbelebung der, durch gesundheitspolitisch motivierte Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erheblich beschädigten Wirtschaft treffen auf vielfältige „zivile“ Initiativen. Diese folgen unterschiedlichen Zielsetzungen, allerdings alle unter aufwendigen personalen und politischen Realisierung-Bedingungen. Für die Deckung der daraus resultierenden „Bedarfe“ muss ein entsprechende Angebot bereitgestellt werden. Dies trifft für die Bedarfe an „Lebensmitteln“ im weitesten Sinne, von Grundnahrungsmittel bis zu Luxusgütern, aber auch für „Überlebensmittel“ zu, also beispielsweise auch für die Bedarfe an „Klimastabilität“ und “Renaturierung“.

Diese Angebote dürfen nicht neue Bedarfe zur Folge haben, die größer sind, als die gestillten. Das heißt in wirtschaftlicher Diktion: Der Preis für die Herstellung darf nicht höher sein als der zu erzielende Ertrag. Das hat nichts mit Profiterzielung und wenig mit Gewinnstreben auf Kosten Dritter, sehr viel aber mit der Vermeidung von Verschwendung – und damit der langfristigen Sicherung von Ressourcen zu tun.

Die Deckung von knappen Bedarfen, also solchen, die nicht durch Angebote im Überfluss gedeckt werden können, bedarf personaler und „realer“ Leistungen. Die Bedarfsdeckung zu fordern, ist eine politische Aktivität, sie zu erreichen eine ökonomologische, das heißt eine wirtschaftliche, die auf langfristige Ressourcensicherung Bedacht nimmt. Der zur Bewältigung der massiven Beschädigung durch die Pandemie erforderlich gewordene Neustart der Weltwirtschaft bietet allerdings auch eine einmalig historische Chance: Es geht um nichts weniger als die Verwirklichung nachhaltiger ökonomologischer Prinzipen zur Stabilisierung von Wohlstand und Wohlfahrt für die größtmögliche Zahl auf hohem Niveau. Zu den unabdingbaren Voraussetzungen hierfür gehört freilich das jeweils höchstmögliche Wissen um Ökologie und Ökonomie der größtmöglichen Zahl der Menschen und der feste Wille, es global vorbehaltlos einzusetzen.