CHRISTOFs Essays
Fülle
Gelebte Fülle bedeutet das Gegenteil von Mangel, Leere und Einsamkeit. Fülle ist nicht identisch mit Glück, sondern kann auch weniger glückliche Seelenzustände umschreiben. Es geht eher um Teilhabe und um ein Dransein am Leben als Ganzes, um Lebensfülle in seiner vollen Breite, auch in den weniger schönen Bezügen. Wie macht man das, dass das Leben auch bei mir ankommt und nicht das Gefühl überwiegt, die Dinge berühren mich gar nicht? Trotz aller Anstrengungen und trotz allen Einsatzes...
Visionsarmut
Haben wir privat, aber auch kollektiv-politisch noch große Erwartungen, oder richtet sich unser Sinnen und Trachten in erster Linie auf das Bewahren und vielleicht ein bisschen auf das Verbessern unseres Status quo? Brauchen wir überhaupt Visionen für die Zukunft, oder gilt der alte, Helmut Schmidt zugeschriebene Satz „wer Visionen hat, der soll zum Arzt gehen“? Zumal, wenn es den meisten doch ganz gut geht? Fragt man etwa die Schriftstellerin Juli Zeh, den Journalist Ullrich Fichtner oder den...
Verzauberbergung
Meine unausgelebte Neigung zur Verzauberbergung - Zeit, sich zu outen. Ja, ich bin ein Zauberberger, jedenfalls von Zeit zu Zeit. Süße Weltflucht, durch Corona noch bestärkt. Lasst mich in Ruhe, wie schön klingt Chopin, und wie gut schmeckt der Wein dazu. Ein bisschen kraft- und irgendwie manchmal auch orientierungslos. Fallen lassen, einsam und alleine, aber frei und unbehelligt. Weich, aber nicht aufgeweicht. Verletzlich, aber nicht zerstört. Die Freuden des Rückzuges. Das ist nicht...
Streit
Müssen wir mehr miteinander streiten – und wenn ja worüber und wie? Streit ist eine ausgesprochen zwiespältige Angelegenheit. Er kann konstruktiv oder destruktiv sein. Es kommt darauf an, mit welchen Zielen und mit welchen Mitteln man sich streitet. Optimisten erkennen in ihm eine Methode, eine Art Findeverfahren, um zu guten Ergebnissen zu gelangen. Idealerweise steht am Ende ein tragfähiger Kompromiss. Sie setzen auf die positive Kraft des Streites und darauf, dass er nicht aus dem Ruder...
Einsamkeit
Wann fühlen wir uns einsam? Und wie gehen wir damit - und mit der Einsamkeit von anderen - um? Das kommt ganz darauf an, denn es gibt sehr verschiedene Arten von Einsamkeit. Das gängige Verständnis meint den isolierten Menschen ohne ausreichende Sozialkontakte, der sich nicht mehr gesehen und vom Leben abgeschnitten fühlt. Die Einsamkeit aufgrund eines Traumas ist dagegen etwas ganz anderes, ebenso wie die Tarnung und Verdrängung von Einsamkeit durch Überbetriebsamkeit, durch übermäßigen...
Vergänglichkeit
Im menschlichen Leben kommt die existenzielle Erfahrung der Vergänglichkeit unterschiedlich an. Manchmal enden die Dinge abrupt. Das gilt für jedes große Unglück, das unvermittelt ins Leben einbricht. Häufig erleben wir die Vergänglichkeit aber auch als schleichenden Prozess. Jugend, Gesundheit, Konzentrationskraft und Gedächtnis nehmen sinkflugartig ab, ein großes Glück verblasst, die ewige Liebe schmilzt, Erfolge verlieren ihre Bedeutung. Das alles soll, ja muss bewältigt werden. Man kann...
Endlichkeit
Die Endlichkeit ist gesetzt - für jede und für jeden Einzelnen, für Staaten, für Gebäude aus Stahlbeton, für die Natur und für Arten, für alles Leben und schließlich für die Erde und den Kosmos. Die gesamte Schöpfung, so wie wir sie kennen, ist vergänglich. Die Zeit ebnet alles ein. Die brutalste Form der Endlichkeit ist der Tod. Das macht Angst. Die Menschen haben viele Strategien entwickelt, um die eigene Vergänglichkeit besser zu bewältigen. Hier einige Beispiele innerhalb von Welt und...
Loyalität
Über Vertrauen wird viel geredet und geschrieben, weniger dagegen über Loyalität. Dabei hängt beides eng zusammen. Loyalität meint die umgekehrte Richtung von Vertrauen, also nicht: Wem vertraue ich, sondern wem bin ich verbunden, und wer kann und darf mir zu Recht vertrauen? Loyalität bezeichnet damit zwar weniger als Liebe, aber deutlich mehr als ein unverbindliches Miteinander. Der Begriff steht für eine bestimmte Qualität der Verbundenheit. Dazu gehören Anständigkeit, Geradlinigkeit,...
Lernen
Wir lernen lebenslang. Aber die Lernkurve und die Art des Lernens sind in unserer Biographie sehr unterschiedlich. Am Beginn des Lebens müssen wir alle enorm viel lernen. Später flacht sich die Kurve ab. Der Lerndruck lässt tendenziell nach. Umso mehr stellt sich die Frage: Was muss, was möchte und was kann ich noch lernen? Vor allem gegen Ende des Berufslebens, und erst recht danach, gehen unsere Lernpflichten zurück. Lernen wird in dieser Phase immer mehr zu einer selbstbestimmten...
Luxus
Wieviel Luxus verlange ich vom Leben, was steht mir zu und was nehme ich mir? Dafür gibt es keine Einheitsformel. Immerhin kann man sagen, dass Wohlstand, Luxus, und Genuss in enger Beziehung zueinanderstehen. Luxus zielt stets auf mehr als nur auf das, was wir zum Leben benötigen. Regional, kulturell und gesellschaftlich wird die Latte, wo der Luxus anfängt, wohlstandsabhängig natürlich sehr unterschiedlich hoch gehängt. Gutsituierte Westeuropäer haben eine völlig andere Vorstellung davon als...
Nobeltreff
Eine Party in einem teuren Club, ein Lied, Ausländer raus, ein paar Bilder, stilisiertes Hitlerbärtchen. Hoch schlagen die Empörungswellen. Tut man den jungen Leuten in diesem kurzen Video unrecht, weil sie beim Feiern vielleicht nur etwas über die Stränge geschlagen sind? Schauen wir genauer hin. Wir sehen junge Leute, ausgelassen, heiter und beschwingt, keine brutalen Dumpfbacken, keine abstoßenden Naziopas, keine gewaltbereiten Kämpfer. Ein bisschen schnöselig, aber naja. Ein Problem ist...
Zufall
Glück oder Unglück im Leben - alles nur Zufall? „Es gibt keinen Zufall“, so lautete die Formel meines schon in den 1970er Jahren irgendwie aus der Zeit gefallenen Deutschlehrers. Auch gläubige Menschen sehen das mitunter so. Wo alles, und sei es auf noch so verschlungenen Wegen, auf einen göttlichen Plan zurückzuführen ist, mag es zwar einen signifikanten Mangel an menschlicher Erkenntnis geben, aber keinen Zufall. Uns Heutigen fällt es hingegen schwer, an einen zufallsbereinigten göttlichen...
Gelingen
Unsere „innere Brille“ prägt unsere Sichtweise auf die Welt. Zu oft richtet sich der Blick dabei auf Negatives. Das färbt wiederum nach innen ab und fühlt sich dann so an: Das Wirkliche, beziehungsweise das, was wir für wirklich halten, ist das Negative. Die Themen und die Art und Weise, wie öffentliche Medien über unsere aktuelle Wirklichkeit berichten, lädt zu dieser verzerrten Perspektive regelrecht ein. Klimawandel, Kriege, Krankheiten und Katastrophen aller Art bilden dabei nur die Spitze...
Der Geist des Essays
Auch wenn die Grenzen mitunter fließend sind, gibt es in unserer nationalen Presselandschaft Kommentare zu Hauf, wohingegen die literarische Gattung des Essays in Deutschland nicht besonders hoch im Kurs steht. Das ist kein Zufall, sondern hat Gründe, wenn auch keine guten. In einem Essay stellt der Autor Betrachtungen an und schildert dabei seine persönliche Sicht der Dinge. Es geht nicht so sehr um das Was der Erörterung – prinzipiell kann jedes Thema Gegenstand eines Essays sein –,...
Kulturelle Aneignung
Wenn es stimmt, dass die Fähigkeit zum Mitgefühl nicht nur die Wurzel aller Moral ist (Schopenhauer), sondern den Menschen erst zum Menschen macht, kommt es entscheidend darauf an, diese Fähigkeit zu schulen und zu entwickeln. Das Mitgefühl ist allerdings nicht auf einzelne Menschen beschränkt, sondern es kann weit darüber hinaus reichen und sich auf Gruppen, aber auch auf soziale Zusammenhänge, auf Texte, auf Kunst und ganze Kulturen erstrecken. Freilich spricht man dann eher von...
Dabei sein?
Das Potsdamer Treffen zur sogenannten Remigration hat in weiten Teilen unseres Landes Demonstrationen gegen die AfD ausgelöst. Bürgerinnen und Bürger stellen sich die Frage „dabei sein oder nicht“. Aktuell findet ein gesellschaftlicher Sortierprozess statt, bei dem viele sich positionieren. Mit dem Mut zur Vereinfachung kann man dabei drei „Körbchen“ unterscheiden. Im ersten Körbchen befinden sich die AfD Anhänger, ihre Sympathisanten, die von der Politik Enttäuschten, die Wütenden,...
Gewissheitsschwund? Zuversicht!
Dass die Welt weniger berechenbar ist als noch vor rund 15 Jahren, ist eine Binse. Wir erleben, dass uns viele vermeintliche Gewissheiten zwischen den Fingern zerrinnen. Das gilt im Großen, auf der politischen Bühne des Weltgeschehens – „von Freunden umzingelt“ war einmal -, aber auch in unserer kleinen persönlichen Welt. Auch wenn es den meisten von uns sehr gut geht: Vieles erscheint brüchiger, gefährdeter und unfriedlicher als früher. Die Illusion, dass man selbst irgendwie mitsteuern...
Moral Overkill
Wieviel Moral oder Ethik – zwischen beiden wird selten deutlich unterschieden - ist gut? Insbesondere: Wieviel Moral braucht die Politik, welche ethischen Maßstäbe sollen gelten? Ist beispielsweise die Frage des Schnitzelverzehrs eine moralische Frage? Einige werden alleine schon diese Fragen als unsinnig zurückweisen, weil es aus ihrer Sicht nur eine einzige und unbedingt verbindliche Moral gibt, und zwar auch für das Schnitzel. Tatsächlich existiert aber nicht nur die eine Moral,...
Hauptsache gemütlich
Um das Wort Gemütlichkeit beneiden uns manche Ausländer, weil es das in ihren Sprachen gar nicht gibt. Auch ähnliche Begriffe, wie beispielsweise das Dänische HYGGE, meinen nicht genau das Gleiche. Und erst recht beneiden uns andere um das, was wir damit verbinden – Weihnachten und Weihnachtsmärkte zum Beispiel, bestimmte Gerüche, aber auch ein gemütliches und „anheimelndes“ zu Hause. Gemütlichkeit ist ein sehr deutscher Sehnsuchtsort, mit leicht utopischem Beiklang. Dabei ist Gemütlichkeit...
After Work
Mit dem Ende des Arbeitslebens fallen berufliches Pflichtenkorsett und berufliche Verantwortung weg. Das klingt für die meisten zunächst einmal gut. Bei aller Freude über die gewonnene Freiheit gilt aber auch: Wer sein Berufsleben hinter sich lässt, verliert damit sein fachliches Betätigungsfeld, und nicht nur dieses. Menschen after work lassen häufig langjährig gewachsene Kommunikationsnetze hinter sich. Wer jetzt nicht auf gut ausgebaute private Interessen und auf Freunde jenseits der...
SchnellSchüsse
06.01.2025
Das Ende ist nahe: Hätten wir das nicht früher wissen können?
Noch gelten sie als weise, aber nörgelige Seher, die BusPrediger, die über alle globalen Netze ihre betrüblichen Nachrichten verbreiten: Wir konsumieren uns zu Tode, wir ersticken zuvor unsere Umwelt und sodann auch uns mittels PlastikMüll und machen durch schiere DauerAusbeutung unsere blühende Erde zu einer – bestenfalls – morastigen Wüste. Die Meere werden verdampfen, die Vegetation verdorren, das Klima wird die Herrschaft über die Welt an sich reißen und die hoffärtigen Menschen teils sterben lassen, teils in die Sand- und SteinZeit zurücktreiben. Alles andere als gute Aussichten, die uns sündigen Erdbewohner mit unserem unsäglichen Wunsch nach immer mehr, vor allem von dem, das andere nicht haben, und – natürlich gleichzeitig – nach weniger Arbeitszeit, nach mehr Learn&LiveBalance, nach Gerechtigkeit, zumindest für uns, die Guten. Die Nachrichten sitzen, die Neugierigen zeigen Wirkung, Angst macht sich allenthalben breit, im FreizeitPark und im FerienFlieger. Schon ist man auf der Suche nach den Schuldigen, den Bösen, denen wir Gute das alles zu verdanken haben. Hätte man das nicht alles schon viel früher bemerken können, erkennen müssen? Kommt erst jetzt die Einsicht, fünf vor Zwölf? Wobei nicht wenige überzeugt sind, dass die Uhren der unwoken Welt nicht richtig gehen: Für sie ist es schon zehn Minuten später!
An Warnungen fehlte es nicht: Aber die Einsicht ließ sich Zeit.
Auch in alten Zeiten warnten schon bereuende Sünder und gläubige Bussfertige die jeweils anderen LebeWesen vom Typ Mensch um sich herum vor Ausschweifungen aller Art und Ausbeutung der Natur. Sie beriefen sich nicht auf empirische Beobachtungen und wissenschaftliche Ergebnisse, sie orientierten sich an allerlei Botschaften aus dem Jenseits, die ihnen – so verkündeten sie es dem bestürzten Volk – meist nächtlich im Traum, jedenfalls aber ohne Zeugen von den Mächtigen im Jenseits übermittelt worden waren. Das schien den Menschen damals glaubhafter als jeder empirische Beweis, beispielsweise dass mangelnde HaushaltsHygiene Schuld an Pest und Cholera sei – oder wenigstens sein könnte. Auch der Verweis auf Magie und Hexerei schien den kurzlebigen Menschen damals als durchaus glaubhaft und plausibel. In unseren Tagen vertraut man eher der Wissenschaft, vor allem wenn diese die eigene Meinung zu stützen scheint. Aber doch erst dann, wenn es durch den MeinungsBildungsKomplex massenwirksam und massenhaft öffentlich gemacht wird. Wie ich darauf komme: Ich habe meine PrivatBibliothek sortiert und zwei Broschüren gefunden: „Die Grenzen des Wachstums“ von 1972 und – fast noch spektakulärer – „The waste makers“ von – sie glauben es nicht: 1960. Das war immerhin acht Jahre vor 1968. So lange kann ein langer Marsch schon dauern, vor allem einer durch die Institutionen.
12.12.2024
Der Kälte entkommen: Alles was fliehen kann, fliegt.
Eigentlich erfreulich für einen Angehörigen der AltersKohorte der „Entwachsenen“ – die ist beginnt schon ziemlich weit nach dem deutschen RuhestandsBeginn -, dass man noch ein kleine EU-gefördertes Projekt leiten darf. Wenn auch nur wissenschaftlich und nicht als finanzverantwortlicher Geschäftsführer. So ein EU-Projekt bringt freilich nicht nur Anregung und Befriedigung, sondern auch Anstrengung und Beschwerden mit sich: Man muss reisen – kreuz und quer durch Europa. Letzte Woche trafen wir uns in Limasoll, das auch Lemessos heißt, die BadeStadt, die einst ein zypriotisches FischerDörfchen war. Kilometerlang zieht die BetonKarawane der UrlauberSilos ihre Bahn, international bestückt und besternt von eins bis fünf. Anfang Dezember ist da nicht viel los. Das ist die Zeit der Konferenzen,Tagungen und Seminare. Wo allerdings unglaublich viel los ist, das ist auf den internationalen Flughäfen und in den nicht minder internationalen Flugzeugen. Ich erwartete einen angenehmen Flug – ohne pausenlos in ihr SuperPhone tippende Nachbarinnen und JuniorManager mit IPad-Fixierung und verstecktem Übergepäck. Weit gefehlt. Der Flieger proppenvoll, in den Korridoren der Flughäfen, den Shuttletrains und Zubringerbussen: Gedränge, Gedränge, Gedränge. So weit das Bekleidung und Ausrüstung erkennen ließ: Menschen auf dem FluchtFlug aus klimatischer und – wohl auch – menschlicher Kälte.
Dem Klima entsprechen: Wer fliegen kann, muss nicht fahren.
Eingeklemmt zwischen zwei etwas überbreiten UrlausReisenden kam ich ins Grübeln. Im Flughafen, in Bahnen und Bussen grüßten viele Wände in fröhlichem Grün: rundum Plakaten, die auf unsere UmweltPlicht und KlimaMoral hinwiesen. Voller Beteuerung auch, dass man selbst alles unternähme, dass die Klimakatastrophe ausbliebe und die Kultur wird zurück zur Natur fände. Ich erinnerte mich an die Fahrt in der HängeBahn vom Bahnhof zur Abflughalle zwischen HochGaragen, die aus den Nähten der StahlKonstruktion zu platzen schienen, so prall waren sie mit SUVs aller Typen gefüllt. Ich nehme an alles Stromer. Irgendwie kam in mir als bewusstem Globalisten ein schlechtes Gefühl hoch: Machen wir immer alles auch so, wie es für richtig gehalten wird. Andererseits: zu Fuß von Lüdenscheid nach Limasoll? Das ist schon eine Distanz, zu Fuß marschiert und geschwommen werden muss ja auch noch. Mein Gewissen wurde schlecht und schlechter. Da kam mir der erlösende Gedanke. Ich stellte mir vor, die 200 FlugGäste würden alle mit ihren SUVs über Straßen und auf Fähren die Strecken bewältigen wollen. Wäre das nicht noch viel schlimmer? Ich bin sicher, dass unsere KlimatologInnen das berechnen können. Ökologie und Ökonomie streiten um das Wohl der Welt. Deshalb habe ich die versöhnliche „Ökologonomie“ erfunden. Zum Fest des Friedens.
02.11.2024
Geheimer Wunsch: Es ist schon schön, bedient zu werden.
Meine Frau und ich führen eine perfekte Ehe. Seit vielen Jahren ergänzen wir uns vorbildhaft: Sie geht gerne aus, vornehmlich in Lokale, die sich allgemeiner Aufmerksamkeit erfreuen, ich bleibe gerne in unserem gemütlichen Heim, wo ich der allgemeinen Aufmerksamkeit nachhaltig entgehen kann. Perfekte Ergänzung, die mir intensiven Kontakt mit der Öffentlichkeit sichert und uns – und auch mir – Annehmlichkeiten aller Art beschert: beispielsweise aufmerksam bedient zu werden. Das muss, wer zu Hause bleibt, selbst besorgen. Funktioniert, aber ist gelegentlich beschwerlich. Letzte Woche hatten wir Pech. Wir kamen erwartungsfroh in unserm LieblingsRestaurant an und trafen unerwartet unseren freundlichen Wirt vor einem Plakat mit unerfreulichem Inhalt: „Liebe StammGästInnen, wir haben nur noch drei Tage in der Woche geöffnet, heute ganztägig nicht: BedienungsMangel!“. Ja, so ist das in unserer BildungsGesellschaft: Wer will nicht gerne bedient werden, und sei es in einem überfüllten TuriHotel an einer wohlfeilen GoldKüste. Aber bedienen? Wir sind doch – ich bitte Sie – keine Dienstboten, Untertanen, Sklaven. Außerdem haben wir studiert – Soziologie und dann noch etwas mit Medien. Da kann man von uns doch nicht solch diskriminierende DienstLeistungen erwarten. Oder?
Offenkundiges Dilemma: Wer will schon andere bedienen?
Da hat uns die aufgeregte BildungsReform und der ungerührt vor sich hinwachsende WohlStand der letzten fünfzig Jahre wohl einen Streich gespielt. Wir haben uns daran gewöhnt, dass unsere Wünsche rasch und nachhaltig erfüllt werden, ohne dass wir uns so den Rücken krümmen müssen wie die Generationen vor uns. Wir haben uns daran gewöhnt, dass unsere Wünsche prompt und ohne Abzug erfüllt werden. Wenn’s ein bisschen klemmte, blieben ja noch die Drohungen mit sozialen Kämpfe der weicheren oder härteren Art. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass der Wunsch nach Bedienung der einen zur Pflicht der Bedienung durch andere wird. Es droht also wieder die „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ – mindestens. Es sei denn…uns kommen die TechnologInnen zu Hilfe und erfinden Sachen aller Art, die etwas können, wozu bis dato nur LebeWesen vom Typ Mensch in der Lage waren, zum Beispiel: „zu bedienen“. Diesen „funktionalen Transfer“ nannte man bis vor wenigen Jahren Automatisierung, dann Digitalisierung und nun – sie haben es erraten – „KI“. Ich war jüngst zum AbendEssen in eine schicke neue EssStation eingeladen. Wir warteten geduldig auf unser, vorab über App bestelltes FrugalMenü. Da rollte unerwartet ein weiß lackierter Mülleimer heran, verdrehte seine KugelAugen aus KunstStoff auf dem Deckel und verkündete in lupenreinem HöchstDeutsch: „Euer Essen, lieber Tisch 34. Guten Appetit!“ Eine Luke öffnete sich und unser Menü wurde behutsam auf unseren Tisch geschoben. Rundum essfertig und ohne etwas zu verschütten. Wir waren völlig bedient! Geht doch.
10.10.2024
Zustand: Die meisten Menschen machen das meiste mit rechts!
Man kann es drehen und wenden wie man will – von unten nach oben und von links nach rechts: die meisten Menschen machen das meiste mit rechts: Zähne putzen zum Beispiel oder schreiben oder Tennis spielen. Sogar in der Nase bohrt der homo sapiens et semper erectus, sofern das Forschungsergebnis eines SoziologInnenTeams aus einer US-amerikanischen EliteUniversität korrekt ist, vorzugsweise mit dem rechten Zeigefinger im rechten NasenLoch. Auch im Sport überwiegen vermutlich die RechtsHänderInnen. Das wird noch untersucht. Sicher ist jedenfalls, dass die meisten GolfspielerInnen von rechts nach links schlagen und, so sie den Ball auch treffen, denselben nach links(!) donnern – oder schubsen. Also: sie schwingen nach rechts auf, aber sie schlagen so weit sie können nach links. Wer am weitesten von rechts nach links schlägt – und zwar immer und immer wieder -, der gewinnt den ersten Preis. Es gibt aber auch Ausnahmen – und die mag keiner von den linksorientierten RechtsSchwingerInnen so wirklich. Das sind die ungeliebten SportFreundInnen von der linken Truppe. Die stellen sich schon am Abschlag verkehrt rum hin und auf und lösen bei ihren MitspielerInnen Stirnrunzeln und KopfSchütteln aus. Eigentlich weiß keiner genau warum, aber es ist einfach so. Dabei haben die Linksgedrehten keinerlei Vorteil gegenüber den Rechtsgewirkten.
Verbesserung: Kann man das nicht ein für alle Mal verbieten?
Aber so ganz sicher sind meine GolfFreundInnen seit der letzten ClubMeisterschaft nicht mehr. Da hat nämlich eine GolfFreundin tatsächlich – im Stechen – gewonnen, die den Schläger nach links aufschwingt und nach rechts schlägt. Das muss man sich mal vorstellen: Da kämpfen Dutzende von GolferInnen, die das ganze Jahr, teils im HeimatClub, teils auf den Malediven oder auf Föhr, unter der Anleitung von schmalhüftigen Longhitern trainiert haben, mit voller Konzentration und vollgepumpt mit – natürlich zugelassenen – Körper- und GefühlsVerstärkern. Loch um Loch schwingen sie korrekt nach rechts auf, schlagen nach links und brauchen dann doch ein bis zwei, gelegentlich auch mehr Schläge mehr, um den Ball ins kleine Loch auf dem großen Green zu bugsieren, als die linksschwingenden RechtsSchlägerInnen. Kann so etwas mit rechten Dingen zugegangen sein – oder ist da vielleicht doch etwas ganz Böses dahinter? Wie kann eine LinksSchwingerin, die doch nach rechts schlägt, Erfolg haben? Ist dieser Sieg als korrekt zu beurteilen? Die Mehrheit der TeilnehmerInnen an der letzten ClubMeisterschaft will sich diesen Affront nicht bieten lassen. Sie fordern, den LinkshänderInnen mit ihren Schlägen nach rechts den Sieg abzuerkennen und aus dem Club auszuschließen. Und wenn sie das nicht akzeptieren: der Weg nach Karlsruhe ist weit, aber offen.
18.09.2024
Vorwurf: Verachtet mir doch die MeisterInnen nicht!
Warum wollen denn nur unsere jungen Leute keine BerufsAusbildung im HandWerk anvisieren, an antreten gar nicht zu denken. Wo doch HandWerk immer noch goldenen Boden hat. Vielleicht verstehen das die Nachwachsenden einfach nicht richtig. Und in Tic toc erfahren sie es auch nicht. Da winken Häkchen und warten Followers, da glänzt kein goldener Boden. Warum drängen die durchgewunkenen HochschulZugangsBerechtigten eher in die Universitäten, um dort – wie sie meinen und hoffen – das Mehr an Bildung vermittelt zu bekommen, das für Wohlfahrt und Wohlstand unserer Welt permanent – aber weitgehend folgenarm – gefordert wird. Wer würde es wagen, zu bestreiten, dass es uns – und allen – an Bildung fehlt. Andererseits, wer will sich der Mühe einer handwerklichen Ausbildung unterziehen, wo doch eine akademische Life-work-balance winkt – mit allem, was dazu gehört. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sich die HandWerksAusbildungsVerantwortlichen und ihre politischen Vertreter einfach schlecht verkaufen. Oder eben nicht dahinter kommen, was die begabten jungen Leute von handwerklicher Ausbildung abhält. Vielleicht hängt es einfach daran, dass man sich im GolfClub auf einem E-Fahrrad, aber unter einem DoktorHut gut sehen lassen kann, dass aber selbst ein gepanzertes Fahrzeug mit 1000 PS und eine Villa mit zwanzig Zimmern auf Las Palmas aus einem tüchtigen MechanikerMeister eben doch keinen wirklich Ebenbürtigen macht.
Vorschlag: Macht MeisterInnen zu „Masters of practice“
Tja, was soll man da sagen? Sich über die offensichtlich unausrottbare Titelsucht der Menschen ereifern, um sie durch eine weitere Überbewertung materieller LebensUmstände zu ersetzen. Manche meinen, das Problem müsste doch moralisch zu lösen sein. Oh, weh, daran haben sich schon Legionen von MoralAposteln von Moses abwärts den Mund stumm geredet und die Zähne ausgebissen. Wie kann man den real existierenden Menschen beibringen, dass es gut und richtig ist, auf äußere Zeichen, wie einen wahrhaft preiswürdigen, wenn auch nicht wirklich preisgünstigen DoktorHut aus Berkley zu verzichten und sich um einen Berufsabschluss der örtlichen HandwerksKammer zu bemühen? Kein Wunder, wenn man sich dann um „FacharbeiterInnen“ und „FachAngestelltInnen“ von jenseits der jeweiligen StaatsGrenzen bemühen muss. Wer hier ist, woher er oder sie auch kommen mag, will – und soll – studieren. Schließlich: Bildung bildet auch Vermögen. Heißt es. Da habe ich doch glatt einen Vorschlag: Wir bauen unsere BerufsKollegs ultimativ um und ergänzen die wissenschaftlichen und die Fach-Hochschulen um – Trommelwirbel! – PraxisHochschulen. Dort kann man den Bachelor und danach sogar den Master der praktischen Technologie erwerben, den M.o.P! Macht doch was her?
18.08.2024
KörperKunst: Was vom MonsterMedienMassenMeeting blieb?
In den staatlichen MultiMediaProgrammen gibt es schon seit einiger Zeit keine Übertragungen von ModeratorenScharmützeln über das, was man gemeinhin „Sport“ nennt, unterbrochen von kurzen Passagen, in denen sich mehr oder weniger junge Laute plagen, schneller zu laufen, höher zu springen und weiter zu … was auch immer als andere. Das Laufen um die Wette hat eine ellenlange Tradition. Zu Ehren der Götter und zum Ergötzen der Zuseher (Zuseherinnen waren nicht zugelassen) liefen – so will es die Erzählung – nackte junge Männer um die Wette. Ob es damals auch schon mehr oder weniger geschmackvolle Medaillen in Gold, Silber und Bronze gab, weiß man nicht so genau. Heute gibt es davon – in Summe – über Tausend, u.a. für 3er BasketBall und m/w/d-Boxen. Deutschland hat hoch moralisch abgeschnitten: Wir waren dabei und haben auf das Besiegen von anderen weitgehend verzichtet. Außerdem haben wir gelernt: Die unterschiedlichsten Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern haben uns auf unterschiedlichste Weise deutlich gemacht, dass das, was man gemeinhin als „Sport“ bezeichnet, nicht nur ein Teil der globalen Kultur ist, sondern sogar zur Kunst gezählt werden kann – ja muss. KörperKunst gehört zur Kultur, die das LebeWesen vom Typ Mensch von anderen unterscheidet. Dass Sport nicht nur das Gemüt, sondern auch viel Geld bewegt, ändert daran nichts.
KonkurrenzKämpfe: Wem zur Ehre wurden die Erfolge erzielt?
Früher, wie alle Späteren wissen, war es viel einfacher, einfach alles, auch die Antwort auf die Frage, wofür sich die weiblichen und männlichen Athletinnen stunden-, tage-, monate-, ja jahrelang körperlich und geistig quälten, um für einen einigermaßen skurrilen VergleichsKampf gerüstet zu sein. Auf die SiegerInnen wartete mündliche, schriftliche, später auch gegenständliche Anerkennung: Applaus, Urkunden, Medaillen – mehr oder weniger geschmackvoll, aber von „edler“ Art. Nicht selten kam zur symbolischen Bestätigung des sportlichen Erfolges Profanes hinzu: Das reichte – und reicht – von GeldBeträgen in nicht unerheblicher Höhe – bis zu NobelFahrzeugen der obersten Kategorie und Villen mit Grundstücken in bevorzugter Wohnlage. Etwas, was den heutigen MonsterVeranstaltungen der sportlichen Art nahezu völlig fehlt, ist die Widmung der Siege an höhere Mächte. Keine Medaille wird heute etwa dem „Volk“ oder der „Nation“ gewidmet, was noch vor kurzer Zeit regelmäßige Übung war. Auch der „Klasse“ und schon gar nicht der „Rasse“ wird nicht mehr zugeeignet oder gar zugeordnet. Da ist man sowohl wissenschaftlich als auch politisch drüber weg. Es gilt: jedes LebeWesen vom Typ Mensch ist in der Lage, jede sportliche Leistung zu erbringen. Einzige Bedingung: Wenn Sie in LaufWettbewerben erfolgreich sein wollen, dann sorgen sie für ausreichende SonnenBräune. Das hat soll das sozialwissenschaftliche Institut für komparative Pigmentologie in Paris herausgefunden haben.
05.07.2024
Außergewöhnlich: Was wir alle am liebsten wären!
Jede neue Generation, das sind die von den Alten teils nachsichtig, teils vorsichtig als die „Jungen“ bezeichneten „Nachwachsenden“, hat ihre eigenen Idole. Ihr Auftreten, ihr Outfit und die jeweilige Anmaßung mögen variieren, ihre Wirkung auf die noch Ahnungslosen ist gleich: Sie faszinieren die fiebernden Massen in und vor der WaldBühne oder im WeserStadion und projizieren WunschBilder in die noch offenen DenkApparate ihres Publikums. Dagegen kommt auch das neueste und smarteste Händi kaum an:. So möchte man sein, so möchte man auf allen Bühnen dieser Welt stehen, von den Fans frenetisch gefeiert. Wie aber kann man das erreichen? Wie wird man so außergewöhnlich, wie kann man so viele Menschen von sich und dem, was man tut und produziert, überzeugen? Kann das eigentlich jede und jeder schaffen? Ich versuche eine OldSchoolAntwort. Vorsicht: Sie könnte entmutigen! Wer nicht spätestens im Alter von sechs Jahren mit regelmäßigem KlavierUnterricht oder GolfTraining begonnen hat, kann nicht global gefeierter KonzertPianist oder bestverdienender ProfiGolfer werden. Da hilft auch privat finanzierter oder staatlich geförderter NachhilfeUnterricht oder eine finanzielle Besserstellung des öffentlich-rechtlichen BildungsPersonals nichts. Diese betrübliche Erkenntnis beginnt sich, allerdings nicht oder doch nur sehr allmählich, bei beamteten PädagogInnen, bei global engagierten PädagogikProfessorInnen und bei BildungsPolitikerInnen durchzusetzen – piano, piano e lente.
Anstrengend: Was wir am liebsten vermeiden würden!
Tja, stimmt am Ende doch der Spruch vom „Hänschen“ und von den Übungen der zukünftigen MeisterInnen – auf der Bühne, auf dem SportPlatz, im Beruf – im Leben. Und wie ist das eigentlich mit dem „Denken“, dem selbständigen, dem freien und konstruktiven, dem personalen und sozialen – zum Wohle wohlgemerkt. Meine derzeitige Überzeugung: Wer nicht das zuweilen schmerzhafte Glück hatte, von OldschoolEltern erzogen worden zu sein und daher von klein auf zu (eigenem) Denken, das heißt zu personaler InformationsVerarbeitung verpflichtet worden ist, der wird es auch später nur zu bescheidenen DenkErfolgen bringen. Das könnte den gegenwärtigen unterschiedlichen IntelligenzGrad der acht Milliarden Erdbewohnern politisch neutral erklären. Diese ernüchternde Feststellung konterkariert das „mathetische GleichheitsPostulat“, das behauptet, dass jeder Mensch zu jedem ZeitPunkt gleich gut lernen kann, wenn man ihm nur die Chance gibt. Der bekannte Seufzer von Jean-Jaques Rousseau müsste also variiert werden: „Alle Menschen sind gleich geboren und entwickeln sich doch sehr unterschiedlich.“ „Denken“ ist eine personale Aktivität wie Grillen, Golfspielen oder GartenArbeit. Wer sie nicht rechtzeitig, das heißt so früh wie möglich, erlernt und ständig gebraucht hat, mit dem wird das auch im Ruhe(!)Stand nichts mehr.
15. Juni 2024
Demokratie: Wissen wir eigentlich genau, was wir wollen?
In diesen Tagen sind wir alle DemokratInnen. Wir kämpfen für die Demokratie, im Netz, auf Plakaten, auf Transparenten, bei Aufmärschen und NachtWachen. Wir fühlen uns als wehrhafte Demokraten und beschwören, dass wir die Demokraten vor ihren GegnerInnen beschützen wollen. Die Feinde der Demokratie sind auch unsere ganz persönlichen Feinde. Wir lieben die Demokratie, keine Frage, aber leben wir sie auch, das ist die Frage! Wer kann sie beantworten? Nur diejenigen, die wissen was die Bezeichnung „Demokratie“ bedeutet, welcher Begriff dahinter steckt. Radikale Demokraten sind überzeugt: Demokratie bedeutet die Herrschaft aller über alle in allem – und zwar überall und jederzeit. Das liest sich gut an, aber kann das auch funktionieren? Alle HerrscherInnen zugleich in allen Fällen Beherrschte? Das wäre die absolute die – terminologisch – „vollkommene Demokratie“. Wenn die Rollen regelmäßig und nach bestimmten Zeitabschnitten getauscht werden, funktioniert das vielleicht – im Ansatz. Auf die Dauer und in allen Fällen funktioniert das nicht. Wer einmal an einer „BürgerInnenAbstimmung“ – das Wort „Volk“ wollen wir lieber vermeiden – mitgemacht hat, sie gar initiiert und wenigstens bei der Durchführung geholfen hat, weiß, was ich meine.
Demonstration: Wir wissen, was wir auf keinen Fall wollen!
Weil das natürlich nicht nur die politikinteressierten DenkerInnen, die PhilosophInnen der Politik, alle längst wissen, haben die politischen Praktiker die zweitbeste Lösung erfunden: die „repräsentative Demokratie“. Nicht alle Beherrschten sind auch in allen Angelegenheiten Herrscher. Die Beherrschten wählen aus ihrer Mitte Personen, denen sie die Herrschaft für eine bestimmte Dauer übertragen: Die Beherrschten wählen ihre Herrscher also selber, allerdings nur auf Zeit, und verzichten während dieser auf ihre eigene Macht. Wenn ich das genau betrachte und richtig sehe, folgt auf eine recht kurze Phase der Herrschaft aller, der Wahl, eine weitaus längere, in der die Wähler beherrscht werden, auf die Phase der Demokratie eine Phase der – tja, wie sollte man diese bezeichnen? Wenn man viele gewählt hat, dann wäre die Bezeichnung „Polikratie“ vielleicht angebracht, wenn es nur wenige sind, „Oligarchie“. Und wenn es nur einer oder eine ist, dann sind wir – terminologisch wohlgemerkt – bei der Monarchie oder Monokratie. Ich muss an dieser Stelle abbrechen. Ich muss noch zur Demo! Ob alle meine Gesinnungsfreundinnen, in die ich mich gleich einreihen werde, genau wissen, wofür wir demonstrieren? Ich meine, „ganz“ genau?
10. Mai 2024
VerständnisProbleme: Sprache lebt und stirbt mit ihren Sprechern.
Alles was lebt, muss geboren worden sein und wird sterben. So kann „Leben“ definiert werden. Was für alle LebeWesen gilt, gilt auch für die Sprache, mit der sich dieselben untereinander verständigen, wenn auch nicht immer verstehen. Weil die Sprache der Lebenden eben selbst lebt, „lebendig“ ist, verändert sie sich. Das heisst: Sie wird verändert – durch den Gebrauch derer, die sie verwenden. Einige ihrer BestandTeile, nicht selten die besten Stücke, landen auf dem Friedhof der Sprache, dem SchrottPlatz der Wörter. Dort finden sich beispielsweise der betuliche TanzTee oder auch der beschauliche Dämmerschoppen, die bequeme Recamière und das strengere Kanapee, auf dem man früher auch ein Kanapee anderer Bedeutung genüßlich verzehren konnte. Man findet vielleicht auch ein Grammophon und ein TransistorRadio, vielleicht sogar eine WurlitzerOrgel. Daneben liegen Textilien, die einst flotte Klamotten waren, mit denen man sich schön ausstaffierte, um auf der RückBank eines „Hobels“, der keinerlei Späne produzierte, à la mode Platz zu nehmen. Ach, es gibt so viele Ausdrücke, die außer Gebrauch gekommen sind und heute nur noch von den Älteren verstanden und von diesen auch kaum noch gebraucht werden.
VerständnisWandel: Wer weiß, was ein Wort morgen bedeuten wird.
Manche Wörter entziehen sich der linguistischen Entsorgung, indem sie ihre Bedeutung wechseln. Das Beispiel aller Beispiele ist das kurze, aber überaus aussagekräftige Eigenschaftswort „geil“. Das hat ja eine aufregende Karriere hinter sich. Ursprünglich war es eher in der Dunkelzone geächteter Sexualität angesiedelt und erfreute dort und damit nicht zuletzt die neugierige Jugend. In manchen LandWirtschaften verspürten aber nicht nur Heranwachsende gelegentlich geile Gefühle, auch der Kohl im Garten hinter dem SiedlungsHäuschen wuchs sich zur Geilheit aus. Und heute: Alles was noch toller ist als cool ist – einfach geil. Die AlltagsSprache ist voller sprachlicher SternSchnuppen: Sie ploppen auf und floppen wieder ins semantische Nichts. Wer glaubt, dass es sich dabei lediglich um die schlichte Sprache handelt, mit der Menschen alltäglich miteinander umgehen, der irrt. Auch die, wie auch immer „hohe“ Sprache ploppt und floppt. Sie ändert sich, ihren Gebrauch, ihre Bedeutung. Einst hieß „nachhaltig“: „langfristig wirksam“. Eine „nachhaltige Maßnahme“ war eine Aktivität mit langanhaltender Wirkung. Und heute? „Nachhaltig“ ist, was für die Menschen gut, was moralisch hoch im Kurs und politisch erwünscht ist. Und was etwas mit unserem Wetter, Pardon „Klima“, zu tun hat. Ob wohl auch dieses, derzeit überaus lebendige Wort eines Tages auf dem Friedhof der verstorbenen Wörter landet?
14. März 2024
Des Volkes VorUrteile gegenüber seinen gewählten VertreterInnen
Wenn einem oder einer eine Politikerin oder ein Politiker, wie divers die auch immer sein mögen, nicht gefällt, dann mäkelt man dieser Tage nicht so sehr über ihre Auftritte im Parlament. Auch das Aussehen oder der Sprachstil und – in allzu viel Fällen – selbst nicht die politischen Ansichten, die sie von sich geben, werden kritisiert. Immer wieder hört und liest man des Volkes Meinung: Was hat sie, was hat er denn eigentlich gelernt, was „geleistet“? Keine Ausbildung angefangen, Studium abgebrochen, nirgendwo etwas Vernünftiges zustande gebracht, irgendwann irgendeiner Partei beigetreten und – schwups – sitzen sie und er schon im Bundestag und erfreuen sich dynamischer Diäten, die sie sich selber genehmigen. Dazu kommen noch allerlei Annehmlichkeiten auf Kosten anderer; in letzter Konsequenz der StaatsbürgerInnen, die „ihre“ PolitikerInnen in den meisten Fällen gar nicht selbst ausgesucht haben, für deren üppiges Auskommen sie freilich nicht unerhebliche Teile ihres Einkommens beim zuständigen Finanzamt regelmäßig abliefern müssen.Sie, die VolksVertreterInnen, haben, so ein weit verbreitete Meinung, nichts Erkennbares gelernt und wenig Erwünschtes geleistet. Und das soll die Demokratie sein, die derzeit so entschlossen verteidigt werden muss?
Was müssen PolitikerInnen eigentlich gelernt und geleistet haben?
Ist das eigentlich nur, in unserem Land bekanntermaßen übliche „Mäkelei“? Oder ist an der Kritik doch etwas dran? Es ist in der Tat – auch für den Bestand und der Begeisterung für die Demokratie – wichtig, dass die WählerInnen von der Kompetenz ihrer KandidatInnen, mehr noch, der schließlich gewählten politischen RepräsentantInnen überzeugt sind. Zumindest – und vorsichtig ausgedrückt – „tendenziell“. Um die politische „Kultur“ im Lande hochzuhalten, müssen auch die VolksVertreterInnen über „kulturelle“ Kompetenzen verfügen – und das bedeutet im Verständnis des KUKw3 – eben nicht (nur) Kompetenzen in der Kunst, sondern auch in Wissenschaft, in Wirtschaft und schließlich in der Politik. Die PolitikerInnen erwerben derzeit die erforderlichen Kompetenten in der Mehrzahl „by doing“. Das ist vielleicht gar nicht das Schlechteste. Politisch interessierte Abiturientinnen, die „Politikwissenschaft“, was immer das ist, studieren, vielleicht sogar mit einem akademischen Grad abschließen, können möglicherweise medienaktive PolitikProfessorInnen werden. Ob deren, ohne Zweifel hohe Qualifikation den kritischen WählerInnen reicht?
01. März 2024
Warum mühsam etwas lernen, wenn es reicht, lautstark zu fordern?
Menschen jeglichen Geschlechts, die etwas früher geboren wurden als 1968, erinnern sich vielleicht noch an den ZeigeFingerSpruch: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“ Das sollte die LernLust des Nachwuchses schon in frühester Kindheit stimulieren und die SpiellIust, die keiner nachhaltigen Stimulierung bedurfte, heute müsste man schick schreiben, „einhegen“! Dann kam die große, gesellschaftlich für relevant erklärte BildungsReformWoge. Mit dem ungeliebten Lernen sollte so Schluss wie nur möglich sein, die erwünschte Entfaltung, das Erreichen von eigenen Zielen jeglicher Art sollte ohne Zwang und Disziplin erfolgen. Wenn man etwas erreichen wollte, dann dürfe man sich nicht durch mühsames und ermüdendes „vollständiges Lernen“ blockieren. DiEtwas uzu fordern musste genügen, Widerstände mussten überwunden werden: „Man muss sich nur wehren!“ Notfalls mit Gewalt. So wurde es in den Kinderläden im West-Berlin um die 70er-JahrzehntWende gesungen – und getanzt. Die Logik überzeugte: Wer fordert, der soll bekommen. Die Lektion wurde gelernt. Nachhaltig.
Wer etwas können will, muss früh damit anfangen. Auch mit Lernen.
Die frohe Botschaft fand viele Gläubige. Sie traf im staatlichen BildungsWesen ins Volle. Schritt für Schritt wurden die Aufgaben reduziert, die Anforderungen gesenkt, so dass die staatlichen BildungsZiele von allen erreicht werden konnten: buchstäblich, also also nach Belieben. Man musste nicht nur weniger lernen, sondern man konnte sich auch das – ganz besonders unbeliebte – LernenLernen ersparen. Und das war für eine WohlStandsGesellschaft, in der der Untergang noch nicht in Sicht war, eine angenehme Nachricht. Die Welt veränderte sich allerdings überraschenderweise und die Menschen bekamen es mit allerlei Ängsten zu tun. Für viele kam das Ende der Welt in Sicht, für noch mehr das des Wohlstandes. Wenden aller Art wurden propagiert und – Überraschung! – die Notwendigkeit für alle, alles – natürlich nur das Richtige – zu lernen, Von Anfang an. Und plötzlich war es wieder da, das HänschenMonitum. Jetzt um diverse Sexualitäten erweitert. Eine preisgekrönte NeuroBiologin aus Hamburg hat es dieserTage als neueste wissenschaftliche Erkenntnis verlautbaren lassen. Immerhin!
10. Februar 2024
Warum verkleiden wir uns als LandArbeiter und BergLeute?
Ist Ihnen schon aufgefallen, wie unansehnlich die meisten jüngeren bis mittelälteren Menschen, die in diesen Tagen durch nur mehr mäßig bevölkerte Innenstädte schleichen, aussehen. Das liegt zum einen am GesichtAusdruck, der den gesamten WeltSchmerz dieser Tage und das persönliche Empfinden desselben wiedergibt, zum anderen liegt es aber auch am Outfit. Die meisten Männer sehen aus, als ob sie eben von der Nachtschicht in einem Bergwerk oder von der LandArbeit kommen: schwarze sackähnliche Gewänder, Bergschuhe mit ultrahohen Sohlen. Dazu die passende Haartracht: kahler Kopf oder wirres KuschelHaar. Bei den Jüngeren gibt es allerdings Ausnahmen: Diese scheinen eben beim Frisör gewesen zu sein, der – so sie männlich oder so ähnlich sind -auch gleich den Vollbart getrimmt hat.Da stellt sich die Frage: Müssen die Angehörigen der Kohorten höheren Alters da unbedingt mitmachen?
SelbstBewusstsein heißt auch, nicht jede Mode mitmachen.
Ich meine nein und rufe die Angehörigen der beiden Alterskohorten ab 60, die ich die „Ausgewachsenen“ und die „Entwachsenen“ nenne, auf, sich der aktuellen BekleidungsOrdnung zu widersetzen. Kleiden Sie sich so, wie sie es schätzen gelernt haben: eine schicke Daks-Jacke mit einem einfarbigen Oberhemd, auch mal ohne Schlips, steht einem „Sechziger“ doch eher als eine ausgebeulte und ausgefranste DenimHose zu einem Hemd, das aussieht, als ob es vordem ein kanadischer Holzfäller mehrere Wochen ohne Pause getragen hat.Und was für die Be- oder Verkleidung gilt, das sollte auch für die Kommunikation, für die Sprache und die Medien gelten. Wir Älteren sollen durchaus auch – und zwar intensiv – die digitaltechnischen Errungenschaften nutzen, aber wir sollten dies „digital“ tun, weil wir schreiben und lesen gelernt und jahrzehntelang mit Erfolg geübt haben. Als keine „analogen“ InformationsMoleküle und FotoMontagen mit HalbSätzen, sondern ganze Sätze.Wie es uns in der Schule vor – na, ja „einigen“ – Jahren beigebracht wurde.
10. Januar 2024
Musste die bürgerliche Gesellschaft erfunden werden?
„Der erste, der ein Stück Land mit einem Zaun umgab und auf den Gedanken kam zu sagen ‚Dies gehört mir‘ und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der eigentliche Begründer der bürgerlichen Gesellschaft.“, war die Meinung einer der bis heute am hellsten leuchtenden Lichtgestalten linker GesellschaftsKritik.
Vielleicht hätte er etwas über die BewegGründe des ZaunAufstellers sagen sollen. Vielleicht wollte dieser damit nur die Früchte seiner Feldarbeit vor dem Zugriff anderer Lebewesen, die daran nicht beteilig waren, schützen. Vielleicht auch seine Familie, seinen Stamm, seine Horde? Alles Gründe, die aus einem Ernährer und Beschützer einer Gemeinschaft alles andere als einen Feudalherren oder Kapitalisten machen.
Ganz im Gegenteil: Er hätte personal hochmoralisch in Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft, der er auch selbst angehört, gehandelt.
Warum „Gesellschaft“ sagen, wenn man den „Staat“ meint?
Wäre Jean-Jaques Rousseau ein ZeitGenosse, schriebe er möglicherweise nicht „der Gesellschaft“ , sondern „des Staates“. Für ihn war Gesellschaft einmal etwas ganz reales, eine Gemeinschaft, die die „volonté des tous“ zu vertreten hatte, ein anderes mal ein ideelles Wesen nicht näher bestimmter Art, das über ein eigenes Bewusstsein verfügt, das er „volonté générale“ nannte. Die beiden „Willen“ können von einander abweichen. Die jeweils Herrschenden haben die Wahl. Dass der politische Philosoph und lebensfrohe Schöngeist vom Genfer See den StaatsBegriff durch die Idee einer konkreten „Gesellschaft“ ersetzt, kann durchaus mit seiner Kritik des StaatsVerständnis der inhumanen absolutistischen HerrscherInnen, nicht nur seiner Zeit, zusammenhängen. Für ihn, der die lockere Moral des Rokoko durch aus lebte, sollte die amoralische Macht des feudalen Staates durch die moralische Führung einer aufgeklärten „Gesellschaft“ gebrochen werden.
10. Oktober 2023
Entscheidungen: Hätten Sie’s lieber künstlich oder natürlich?
Es gab eine Zeit, da war man mehr oder weniger allergisch gegen alles „Künstliche“. Was gab es damals, als man noch nicht nach HaferMilch und GrünkernForellenFilets lechzte, Schlimmeres als – abschreckendes Beispiel – „KunstHonig“. Auch eine „künstliche“ Hüfte konnte schon damals eigentlich niemand so recht begeistern. Außerdem liegt das „Künstliche“ recht nahe bei allem „Gekünstelten“. Etwas „Künstliches“ hat nur wenig mit Kultur und schon gar nichts mit den „schönen Künsten“ zu tun hat. „Künstlich“ nennt man – meist mit verhohlener Geringschätzung – all das, was nicht natürlich ist. Das ist natürlich ein hartes Urteil. Was von dem allen, was die Menschen da so vor sich hin basteln, was sie tun oder veranlassen, hoch preisen und vielleicht noch höher „be-preisen“, wäre denn dann nicht „künstlich“. Leben wir vielleicht schon längst in einer künstlichen Welt?
Erwartungen: Intelligenz sollte logisch und trotzdem kreativ sein!
Also eines, da bin ich mir so was von sicher, ist auf keinen Fall künstlich: die „Intelligenz“. Da können mich auch noch so viele MedienReportagen oder die Beteuerungen von wahlkämpfenden PolitikerInnen überzeugen. Intelligenz, so hat es mir ein ganz und gar natürlich formulierender Philosoph erläutert, ist eine „Fähigkeit“, eine Eigenschaft, die nicht nur eine hochkandidelte Person, sondern auch ein schlichtes Lebewesen hat – oder wenigstens haben könnte. Intelligenz – so der sprachmächtige Professor – ist die Fähigkeit, „systematisch“ und „aleatorisch“ zu denken: „systematisch“ – also „logisch“, wie es uns schon die sehr Alten lehrten – und „aleatorisch“ – also „zufällig“, wie die Würfeln eben fallen. Heute nennt man das Zufällige gerne auch „kreativ“. Das klingt so „schöpferisch“!Sollte man die „KI“ nicht vielleicht doch lieber „Kreative Intelligenz“ nennen?
21. August 2023
Entscheidungen: Lieber politisch oder doch lieber privat?
Es gab einmal eine Zeit, da lernte man an manchen Schulen etwas über die Besonderheiten von „demokratischen“ und von „sozialistischen“ Staaten. Der Unterschied zwischen den beiden, so wurde es uns damals beigebracht, läge vor allem in der Planung und Organisation der Befriedigung der Bedürfnisse des StaatsVolkes. Als „demokratisch“ bezeichneten sich die Staaten, die die WirtschaftsAufgaben in der Mehrzahl Personen und PersonenGruppen überließen, die man nicht als Politiker, sondern als „Privatiers“ bezeichnete. Die sozialistischen Staaten wollten nichts dem Zufall und schon gar nicht PrivatPersonen überlassen. Wer, was, wofür und wie zu tun hatte, damit die privaten Bedürfnisse aller gleich und „gerecht“ befriedigt würden, sollte ausnahmslos „politisch“ entschieden werden. Das gelang nicht immer zur Erfüllung aller Wünsche des StaatsVolks.
Erwartungen: Macht’s vielleicht die Mischung?
Der Kampf zwischen den VertreterInnen der jeweils reinen Lehre von der optimalen StaatsFührung tobt immer noch. Aber – wie das Leben so spielt – die Theorien bleiben rein nur in der Lehre. In der Anwendung scheint viel eher die Mischung die Methode der Wahl zu sein. In vielen Ländern, die sich früher „sozialistisch“ nannten, hat es sich die Wirtschaft auf dem Weg von der „Monokratie“ zur „Demokratie“ in der „Oligarchie“ gemütlich gemacht. Und die Staaten, die sich und ihre Wirtschaft für unbefleckt demokratisch sehen? Zwischen Rhein und Oder soll demnächst eine „InvestitionsGesellschaft des Staates“ die WirtschaftsPolitiker durch finanzwirtschaftliche Aktivitäten ergänzen, wenn nicht gar ersetzen. Es soll nichts Gutes mehr dem Zufall und schon gar nicht den PrivatPersonen überlassen bleiben. Wie nannte man früher doch gleich so ein „System“?
31. Juli 2023
Berechnung: Explodieren die Kosten ?
An einer Hochschule im FrankenLand gibt es einen Professor für „UmweltÖkonomie“. Womit befasst er sich? Dienstlich. Mit Wirtschaft, also dem Ausgleich von Nachfrage und AufAntwort? Oder mit Umwelt, also der Welt, die um uns herum ist? Das eine heißt auch „Ökonomie“, das andere „Ökologie“. Handelt es sich also um „ÖkoNomologie“? Das neueste Projekt des fränkischen HochschulLehrers gibt die Antwort: Er notiert die ausgezeichneten Preise von LebensMitteln bei Aldi, Lidl, Netto und Co. und rechnet die vermuteten Kosten der UmweltBelastung durch deren Produktion dazu. Ein Wiener Würstchen müsste, so hat er herausgefunden, eigentlich das Doppelte kosten. Wenn man es im Garten grillt, steigen die Kosten ins Unmessbare. Und nicht genug damit: Man müsste eigentlich die Belastung durch die Entsorgung der verdauten Reste auch noch hinzurechnen, um eine umweltökonomische VollkostenRechnung perfekt zu machen. Dann wird’s aber richtig teuer.
Befürchtung: Reicht es noch für alle?
Ich bin seit 35 Jahren Vegetarier, nicht Veganer, Eier und MilchProdukte müssen schon sein. Und auch nicht aus UmweltVerantwortung ohne Limits und nicht zur grenzenlosen Förderung des TierWohls. Aus ganz egoistischen Gründen: Weil ich eines Tages meinte, dass meine bisherige ErnährungsGewohnheiten mir mehr schadeten, als sie mir LebensGenuss bereiteten. Und so ist es auch. Bei mir jedenfalls. Jetzt stelle ich mir vor, dass alle Menschen dieser Welt auf den Verzehr von RindFleisch verzichteten. Was würde passieren? Kühe und Stiere hätten keine menschlichen Feinde mehr. Sie würden sich fröhlich vermehren, so lange es Wiesen und Felder gibt, auf denen die Früchte wachsen, die auch wir uns an 365 Veggie-Tagen im Jahr genehmigen. Hoffentlich reicht das dann für alle. Über die zukünftigen Kosten klärt uns sicherlich die UmweltÖkonomie aus dem FrankenLand auf. Ich befürchte allerdings Schlimmes. Es werden sich in Zukunft wohl nur die wenigsten Lebewesen vom Typ Mensch ein SpargelRisotto mit RucolaGarnitur leisten können.
27. Juni 2023
ZeugnisVerteilung: Was machen wir jetzt?
Die Lokalteile der LokalZeitungen sind in diesen Tagen weitgehend textfrei: Es überwiegen großformatige Bildern mit – erfreulich vielen – jungen Damen in brautkleidähnlichen Roben und – deutlich weniger – jungen Herren, die zum Teil aussehen, als ob sie sich auf eine Expedition in ferne Länder begeben wollten. Was werden dieSchulabgängerInnen tun, wenn der Herbst kommt? Bildung war und ist das ZauberWort: also weitermachen! Geht’s an die Uni, die Hochschule, die Akademie? Überall hin, nur nicht in die „Ausbildung“. Wer will schon HandwerkerIn werden, auch wenn sie als „FachKräfte“ händeringend gesucht werden? Da „studiert“ man doch lieber etwas Angesagtes, vielleicht „etwas mit Medien“!
ZukunftsPerspektven: Rein in die Ausbildung!
Die erfolgreichen SchulAbsolventinnen scheinen an sicheren, hohen ArbeitsEinkommen nicht sonderlich interessiert zu sein. Vor allem dann nicht, wenn es mit hoher Belastung und geringem sozialen Status verbunden ist. Da haben die handwerklichen Berufe schlechte Karten. An der hohen Belastung kann man wohl wenig tun, aber vielleicht kann man den Status nach oben bewegen? Wie wäre es, wenn auch die Auszubildenden zukünftig „studieren“, an „Akademien für praktische Technologie“. Dort wird zwei Drittel der StudienZeit etwas getan und ein Drittel der Zeit darüber nachgedacht und geredet. Wer am Ende weiß, wie man ein liegen gebliebenes E-Auto wieder in Gang kriegt, wird B.PT. – Bachelor of practical technology. Hat doch was?!
03. Mai 2023
Kreativität: Lagerfelds prunkvoller SchreibTisch
Über dpa erfahren wir, dass demnächst im Metropolitan Museum am Central Park in New York eine Ausstellung zur posthumen Ehrung des in Hamburg geborenen ModeKünstlers Karl Lagerfeld eröffnet wird. In der ModeSchau gibt es immerhin rund 150 Werke des Designers zu sehen. Titel der Ausstellung „A line of Beauty“. Unter den Ausstellungsstücken befindet sich auch ein Nachbau des Schreibtisches, an dem der langjährige ChefDesigner der ModeMarke Chanel arbeitete. „Lagerfeld war einer der fesselndsten, produktivsten und wiedererkennbarsten Kräfte in Mode und Kultur“ sagte der MuseumsDirektor Max Hollein.
Konsequenz: Am Material soll es nicht scheitern
Im MoMA an der anderen Ecke des CentralParks hängt schon der Anzug von Joseph Beus an der Wand, leicht verknittert und verdreht, unerreichbar für Liebhaber, die gerne einmal ein wirkliches Kunststück gefühlt haben möchten. Schade eigentlich. Frage: Kann man sich an Lagerfelds Schreibtisch setzen, einen Papierbogen DIN A 4 holzfrei, handgeschöpft, auflegen, einen historischen Montblanc-Kuli mit GoldKlammer zücken und eine Skizze für ein top Top aus Naturseide von der siamesischen Edelraupe entwerfen, dass es im Netz raunt: „Der Meister ist zurück“? Wenn ja, lasst uns rasch ein Ticket nach Big Apple buchen. Erster Klasse. Logo.