Wieviel Luxus verlange ich vom Leben, was steht mir zu und was nehme ich mir? Dafür gibt es keine Einheitsformel. Immerhin kann man sagen, dass Wohlstand, Luxus, und Genuss in enger Beziehung zueinanderstehen. Luxus zielt stets auf mehr als nur auf das, was wir zum Leben benötigen. Regional, kulturell und gesellschaftlich wird die Latte, wo der Luxus anfängt, wohlstandsabhängig natürlich sehr unterschiedlich hoch gehängt. Gutsituierte Westeuropäer haben eine völlig andere Vorstellung davon als Menschen in armen, unsicheren und klimatisch menschenfeindlichen Regionen der Welt. Auch individuell existieren sehr unterschiedliche Vorstellungen. Häufig wird Luxus mit einem hedonistischen Lebensstil in Verbindung gebracht. Luxus zielt dann vor allem auf materielle Größen und auf Überfluss, so wie im Bild vom Schlaraffenland, auf Pracht oder auf das ganz Besondere, zum Beispiel kostbare Autos, erlesene Weine, teure Designerkleidung oder Bilder von berühmten Künstlern. Für andere wird Luxus eher durch immaterielle Güter definiert, etwa durch Zeit und Muße oder durch die Freiheit, ein selbstbestimmtes und sorgloses Leben in Gesundheit und Beständigkeit zu führen. Nicht nur die materiellen, sondern auch viele immaterielle Luxusgüter sind allerdings meistens nur auf der Grundlage von Wohlstand zu haben. Jeglicher Luxus hebt uns über Mangel, Notwendigkeit und Alltäglichkeit hinweg. Es geht um das, was man zum Leben nicht unbedingt braucht, was das Leben aber besser, genussvoller und schöner macht. Luxus veredelt den Alltag. Er kann aber auch zur Droge werden und süchtig machen.
Beim Thema Luxus schwingen häufig noch andere Aspekte mit, zum Beispiel soziale Abgrenzung und Wettbewerb. „Ich kann es mir erlauben, du nicht.“ Wir erinnern uns an die Sparkassenwerbung „Mein Haus, mein Boot, mein Auto“. Wer macht die tollsten Reisen, aber auch wer hat die meiste freie Zeit? Luxus bietet die Möglichkeit, sich demonstrativ abzuheben und dadurch soziale Anerkennung zu verschaffen. Was sich alle leisten können und was alle haben, ist kein Luxus mehr und schon gar nicht exklusiv. Wenn jeder nach Mallorca reist, ist das lediglich Standard. Der Gewöhnungseffekt greift auch hier: gestern Luxus, heute schon Normalität, und zwar gleichermaßen bei materiellen und immateriellen Gütern. Für die Fortschreibung des Wohlgefühls von Luxus braucht es mehr. Die Steigerungsspirale ist nach oben hin offen, was die Frage aufwirft, wieviel Luxus tut mir – und anderen – gut?
Manche üben Verzicht und bescheiden sich ganz bewusst, auch wenn sie sich Luxus durchaus leisten könnten. Ein asketischer Lebensstil lehnt insbesondere materielle Luxusgüter als überflüssig und häufig auch als moralisch verwerflich ab. Luxus bedeutet für Asketen, vorausgesetzt sie wollen damit nicht lediglich ihren Geiz übertünchen, die Ablenkung vom Wesentlichen. Bei anderen Luxuskritikern spielt die Frage nach der gerechten bzw. ungerechten Vermögensverteilung eine große Rolle. Sie verurteilen es, dass einige sich viel leisten können, andere dagegen gar nichts. Auch in der christlichen Tradition gibt es eine ganze Reihe von luxusfeindlichen Traditionslinien, zum Beispiel bei Franziskanern oder bei Calvinisten: Luxus ist unmoralisch und sündhaft, weil er andere ausschließt oder weil er das vorhandene Vermögen einfach nur verschleudert oder weil er (umwelt-) schädlich ist.
Das andere Extrem bilden entschlossene Luxusjäger. In einem luxuriösen Leben bildet sich ihre Persönlichkeit ab. Erst recht in einer Weltanschauung, die die Gier als Tugend begreift, so wie dies bei einigen Wirtschaftsideologien der Fall ist, geht es um die Steigerung der Luxussymbole und der Genüsse. Das Streben nach Luxus gilt hier in keiner Weise als moralisch fragwürdig, sondern, ganz im Gegenteil, als Tugend und als persönlich sinnerfüllend. Die Wirtschaft unterstützt das. Sie profitiert davon, wenn sich nicht jeder nur mit dem Standardmodell zufriedengibt. Außerdem spiegeln sich in einem sichtbar zur Schau getragenen Luxus für viele Erfolg, Einfluss und soziale Geltung. Im konkreten Fall kann das zu ziemlich seltsamen Erscheinungen führen, zum Beispiel wenn man sich vergoldete Steaks servieren lässt. Neu ist das trotz mancherlei Empörung nicht. Man muss dafür gar nicht in die Antike zurückgehen. Auch in der Groß- und Urgroßelterngeneration war das mit Blattgoldstückchen versetzte Danziger Goldwasser Luxus pur.
Diese beiden Extreme zeigen, dass die Einstellung zum Luxus viel mit der eigenen Lebenshaltung und der Frage zu tun hat, wie man sich selbst definiert. Manche verurteilen ihn, andere schätzen ihn zwar, begegnen ihm aber eher misstrauisch, wollen sich vielleicht auch nicht abhängig davon machen. Sie gönnen sich von Zeit zu Zeit gerne etwas, halten aber einen Sicherheitsabstand ein. Für wieder andere ist ein luxuriöses Leben absolut wichtig und sinnstiftend.
So oder so, auch hier gilt: Luxus ist Charaktersache. Wie halten wir es damit?
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